Mireia von Patterncos

Das Thema Hemdbluse beschäftigt mich weiter. Kurz zur Erinnerung, ich probiere gerade mehrere Schnitte dazu aus: eher klassisch als trendy. Eigentlich möchte ich die Diskussion Stil vs. Trend gar nicht aufmachen, geht es doch dabei in erster Linie um soziale Distinktion. So wird der eine Begriff gegen den anderen gern in Stellung gebracht, um das eigene Krönchen aufzupolieren, gemäß dem Motto „Ich weiß es besser und/oder kann es mir leisten.“

Von den Professionals und Fashionistas gegen die Masse: Für sie ist ein Trend vorbei, sobald er den Mainstream erreicht. Vielleicht lässt die Überzeugung, Avantgarde zu sein, sie das oft mit kreativen Berufen verbundene Prekariat vergessen. Erinnert sich noch jemand an die Szene mit dem blauen Pulli aus dem Film Der Teufel trägt Prada? Darin wird dieses Katz-und-Maus-Spiel mit der ihm innewohnenden Herablassung von Meryl Streep großartig verkörpert (deutschsprachiger Trailer, die entsprechende Szene hier auf Englisch). Umgekehrt werfen die Stilisten den Trendsettern vor, oberflächlich, frivol, eitel, kurzum eher Modeopfer zu sein, während sie sich selbst intellektuell, zeitlos und neuerdings nachhaltig geben. Ob das kulturelle Arroganz oder naiver Idealismus ist, sei dahingestellt.

Warum die Diskussion nun doch mein Interesse geweckt hat, ist der gegensätzliche Wert, der der Zeit dabei beigemessen wird: Zeitgeist vs. Zeitlosigkeit.

Ich hüte ein paar Stoffschätze und hänge sehr daran, weshalb die daraus genähten Kleidungsstücke keinen allzu deutlichen Zeitstempel tragen sollten. Das ist vermutlich mehr Ideal als Idee und das Ergebnis ziemlich unspektakulär. Keine extremen Silhouetten, nicht zu Oversize oder zu stark auf den Körper geschnitten, nicht zu lang oder zu kurz, keine auffälligen Features. Was nie wirklich In ist, kann eben auch nie wirklich Out sein. Klingt nach einer konservativen Garderobe und sieht irgendwie auch danach aus…

Stoff & Schnitt

Auf Andrea López bin ich durch ihre dekonstruierten Blusenschnitte aufmerksam geworden. Ironischerweise nähe ich nun einen der unspektakulärsten Schnitte von Patterncos. Anders als Kaia hat Mireia keinen Brustabnäher, dafür eine Kellerfalte im Rücken, auch die Form des Kragens unterscheidet sich. Außerdem wird der Ärmelschlitz anders verarbeitet (hier mehr dazu). Ansonsten sind beide Schnitte recht ähnlich. Der Stoff ist ein Viskose-Twill mit violetten und beigen Streifen auf gebrochenem Weiß von dp-Studio. Die Knöpfe stammen mal wieder von einem abgetragenen Hemd von H.

Größe, Anpassungen & Passform

Genäht in Gr. 42. Keine Änderungen.

Anleitung & Schwierigkeitsgrad

Mehrgrößenschnitt, der ohne Anleitung kommt. Mit dem Kauf des Schnittmusters erhält man einen Link zu einer Videoanleitung auf Spanisch und Englisch. Alle Verarbeitungsschritte lassen sich gut erkennen und werden nachvollziehbar erklärt. Etwas gewöhnungsbedürftig fand ich den spanischen Akzent des Sprechers in der englischen Version, habe mich aber eingehört. Persönlich ziehe ich bebilderte Textanleitungen vor, weil man schnell mal etwas nachschlagen kann.

Kurz vor Schluss hat mich die Energie verlassen. Die Knöpfe habe ich erst unterwegs mit violettem oder beigem Garn angenäht. Erkennt man leider nicht…

Was gefällt, was nicht? Nochmals nähen? Weiterempfehlen?

Weniger gefällt mir, dass Mireia bei den Schnittteilen nicht zwischen Ober- und Unterkragen unterscheidet, obwohl mir das an der fertigen Hemdbluse weniger auffällt als erwartet. Ich weiß nicht, ob es am Stoff oder Schnitt liegt, seit ihrer Fertigstellung habe ich die Bluse oft getragen. Dabei muss ich noch das Knopfloch im Steg machen, das hatte ich vor unserer Abreise übersehen…

Fazit: Ein solide gemachter Hemdblusenschnitt für Viskose oder Seide. Es gibt interessanterweise eine Abwandlung für eine “cropped” Version (Taillen kurz) mit großen Brusttaschen. Andrea López hat sie aus Stoff mit Stand gemacht, erstaunlich das es derselbe Schnitt ist. Vielleicht probiere ich das noch aus.

Und damit gebe ich ab zum MMM, wo uns Carola heute ebenfalls mit einer Bluse begrüßt.