Museo del Traje in Madrid. Ausstellungstipp

„Ihr könnt Madrid nicht verlassen, ohne Guernica von Pablo Picasso gesehen zu haben!“, meinte unsere Vermieterin am letzten Tag. Haben wir aber! Nicht selten schaffe ich einen Grund, um an einen Ort zurückzukehren. Neben dem Museum Reina Sofia, wo auch das besagte Bild von Picasso hängt, haben wohl die meisten Tourist*innen den Prado, die klassische Gemäldesammlung, auf dem Programm. Allen Selbermacher*innen, Mode- und Textilbegeisterten möchte ich aber das Museo del Traje (Kostüm- Trachten- und Modemuseum) ans Herz legen.

Zwar steht es nicht vergleichbar im Zentrum der Aufmerksamkeit, was einem aber wiederum die Warteschlangen vor den Flagship-Museen erspart. Mit der Metro (Linie 6, Haltestelle Ciudad Universitaria) ist es gut erreichbar, zudem idyllisch gelegen in einer Parklandschaft, die zum Campus der Universität gehört. Von dieser Idylle hatten wir allerdings nicht viel, da es, als wir im März dort waren, die meiste Zeit in Strömen regnete, und das in einer Stadt, in der es angeblich kaum regnen soll …

[Der angefangene Post liegt schon mehrere Monate im Entwurfsordner, aber bei den hochsommerlichen Temperaturen, die wir hier seit April haben, dachte ich, hat keiner sonderlich Lust auf Museumsbesuche. Inzwischen ist es nachts wieder kühler, ein untrügliches Zeichen, dass der Herbst vor der Tür steht.]

… Ich fand ja bereits das Museumsgebäude recht imposant. H. nicht. 1973 von Jaime López de Asiain als Museum für zeitgenössische Kunst erbaut – die Funktion, die heute das Museum Reina Sofia innehat. Seit 2004 befindet sich das Museo del Traje in dem Gebäude, das mehrere ältere Sammlungen unter einem Dach vereint. Was im ersten Moment etwas angestaubt klingt, hat sich bei unserem Aufenthalt für mich als wahres Kleinod entpuppt.

Die Dauerausstellung zeigt die Entwicklung der Mode von der Aufklärung bis zur Gegenwart anhand hunderter Modelle, die chronologisch präsentiert werden. So gibt es einen Raum zum Einfluss der französischen auf die spanische Mode zur Zeit der Aufklärung; mehrere zum Wandel von Bekleidung in der Belle Époque – vom Korsett weg, hin zu fließenden alltagstauglicheren Silhouetten; einen zu Entwürfen der historischen Avantgarden; zum New Look der Nachkriegszeit; bis hin zu zeitgenössischen Designern wie Alexander McQueen. Daneben gibt es monografische Räume zu spanischen Modemachern, wie Cristóbal Balenciaga, einen der wichtigsten Couturiers der 40er und 50er Jahre – Sinnbild des Pariser Chic, aber auch Mariano Fortuny, dessen Arbeiten ich noch gar nicht kannte. Neben der ständigen Sammlung präsentiert das Museum Wechselausstellungen rund um das Thema Textiles.

Das Museo del Traje hat damit alles, was ich mir für Berlin gewünscht hätte: Es hält das sensible Gleichgewicht zwischen lokalen und internationalen Entwicklungen, so hebt es einerseits nicht mit dem Jetset einer global operierenden Fashion-Industrie ab, anderseits läuft es auch nicht Gefahr, den Charme eines Heimatmuseums zu versprühen. Die Modelle (neben Damen-, übrigens auch Herren- und Kinderbekleidung) sind kulturhistorisch eingebunden, sowohl in der Präsentation, wo sie von Accessoires, Bildern und Möbeln gerahmt werden, als auch durch ausführliche Informationstafeln, die das Gezeigte in seiner Zeit verorten; es gibt ferner Animationsfilme, die Details vertiefen, u. a. zum Aufbau von Krinolinen oder zur Geschichte des Mannequins.

An dem, was und wie ausgestellt ist, kann es also nicht liegen, dass das Museo del Traje selbst in Reiseführern wenig Beachtung findet, mitunter nicht einmal erwähnt wird, am Eintrittspreis sicherlich auch nicht (3,00 €, Stand: 03/2018). Vielleicht schreckt die Lage ab, da es außerhalb der zu Fuß machbaren Madrider Altstadt steht; ein weiterer Grund könnte der ausschließlich spanische Internetauftritt sein …

 

 

 

 

 

 

 

 

Wie dem auch sei, mein Fazit ist: Großartig gemacht! Falls Ihr in Madrid seid – ein Besuch lohnt sich. Nicht nur, wenn es regnet.

← Vorheriger Beitrag

Nächster Beitrag →

5 Kommentare

  1. Schön dass du mit deinem Blogpost zur Beachtung dieses Museums beiträgst! Den Post fand ich sehr spannend!
    Liebe Grüße
    Katharina

  2. Oh, wie toll. Meine Tochter war beim Schüleraustausch mit ihrer “Familie” in diesem Museum. Es hat ihr auch total gut gefallen, aber ihre Fotos zeigten eher die historischen Sachen (und Verkleidungsbilder). Von zeitgenössischer Mode hat sie nichts erzählt. Und es war aus ihrer, damals 13jährigen, Sicht erheblich interessanter als Prado und Reina Sofia. LG Anja

    • Manuela

      Oh, an mir wiederum ist vorbeigegangen, dass es eventuell eine Möglichkeit zum Verkleiden oder Anprobieren gab …?! Auch meine Fotoauswahl ist natürlich durch mein Interesse bestimmt, von der höfischen Mode habe ich z. B. kaum Bilder gemacht, mir ist die Zeit von 1900 bis heute einfach näher.
      Herzlichen Dank & LG Manuela

  3. Vielen Dank, dass du immer wieder von Museen und Ausstellungen berichtest. Freue mich darauf, dich morgen einmal im Café kennenzulernen!

Schreibe einen Kommentar zu Fröbelina Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert