Nähen für IHN

Ich muss ja zugeben, dass ich am liebsten für mich selber nähe, kurzum, eine egoistische Selbstbenäherin bin.

Bei einem Spaziergang durch Madrid hat sich H. im März jeansblauen Leinen für eine legere Hose ausgesucht. Wir standen plötzlich vor dem Geschäft. Zufälle gibt’s! In dem Stoff scheint noch etwas anderes drin zu sein, weil er nicht so stark wie Leinen knittert.

Ribes & Casals betreibt Filialen in mehreren spanischen Städten. Es ist noch die Sorte von Geschäft, wo Ballen in schweren Holzregalen z. T. bis unter die Decke lagern, Männer in feinem Zwirn die Stoffe zuschneiden; – abkassiert wurde dann interessanterweise von einer Frau. Der Laden hat eher ein konservatives klassisches Sortiment, bunt gemusterte Jerseys, Trendstoffe wie Double gauze, Tencel, Oilskin und dergleichen findet man dort weniger…

Mit dem Stoffkauf begann auch die Suche nach einem Schnitt, die sich alles andere als einfach gestaltete. Zum einen, weil das Angebot an Schnittmustern für Männer vergleichsweise überschaubar ist, zum anderen weil H. und ich nicht unbedingt denselben Geschmack haben. Beide haben wir aber ein berechtigtes Interesse, die eigene Meinung durchzusetzen. Er muss es tragen, ich muss es nähen.

Mit gefiel die Leinenhose im Juni-Heft der Burda (#129 Burda 06/2018), ihm war der Bund zu hoch. H. wiederum begeisterte sich für das Buch Männerkleidung nähen von Sebastian Hoofs, das ich ihm dann auch geschenkt habe. Mir persönlich ist die Aufmachung zu “slick”; außerdem hat mich der Mut verlassen, seitdem ich gelesen habe, dass die Größenwahl schwierig ist, wenn man nicht wie ein Sportstudent im 3. Semester aussieht. Neben den Schnitten enthält das Buch ein paar schöne Verarbeitungsdetails, weshalb ich mich wohl nicht endlos vor dem Anpassungsmarathon drücken kann.

Irgendwann kam H. dann mit einer gekauften Hose aus Baumwolle an und fragte mich, ob ich diese nicht kopieren könne. Die Hose wird durch ein Bindeband auf Taille gebracht und hat Seitennaht- sowie eine Gesäßtasche. Wie bei einer Jeans sind die Nähte nochmals abgesteppt. Für Taschenfutter haben wir ein ausrangiertes Hemd genommen, für die Steppnähte hat sich H. dunkelblaues Garn ausgesucht; sieht man zugegebenermaßen kaum, hat mich aber Zeit gekostet.

Was soll ich sagen. Ende gut, alles gut. Mit dem Ergebnis sind wie beide zufrieden. Durch den flexiblen Bund, aber für Webstoff ausgelegt, eignet sich der Schnitt für eine Vielzahl von Anlässen: Er macht sich als Pyjamahose gut, geht zumindest auf einer Berghütte als angezogen durch und lässt sich als Jogginghose verwenden. Das Original wurde übrigens unter dem Label “Yoga Pants” für Männer verkauft, die Kopie am Sonntag auf dem Flohmarkt ausgeführt.

Ich hoffe nun, mit dem Schnitt in Serie gehen zu können. H. scheinbar auch. Am Samstag kam er mit einem Karo-Stoff vom Einkaufen zurück. Wenn wir das in Zukunft mit den Fotos noch besser hinbekommen (Monsieur ist da nicht weniger eitel kritisch als ich), könnte ich mich sogar mit dem “Nähen für ihn” anfreunden.

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13 Kommentare

  1. Cool, wie toll, die Hose sieht ausnehmend gelungen aus, gar nicht nach Yoga oder Pyjama oder Homewear. Wahrscheinlich weil das Bindeband vom Hemd verdeckt ist. LG Anja

  2. Das er schon von selber Stoff gekauft zum Vernähen, bei dem Satz musste ich sehr Schmunzeln.

    Aber man liest sehr oft das zu benähende Männer sehr pingelig bei Stoff und Schnittwahl sind. Vermutlich weil durch den fehlenden Schnickschnack wie bei Frauenschnitte man nicht von der Linie abgelenkt wird und der Schnitt dann halt ganz genau so oder so aussehen soll.

    Lg Sabine

    • Ach, das beruhigt mich ja, dass andere Männer diesbezüglich auch kompliziert zu sein scheinen!
      Aber Du hast recht, mein Eindruck ist auch, dass Variation in der Herrenmode eher im Detail stattfindet; da wird von Saison zu Saison mal zaghaft das Revers rauf und runter geschoben …
      Dank Dir & LG Manuela

  3. Sieht super aus, die Hose an Deinem Mann, willkommen im Club der Herrenhosen-Näherinnenn 🙂 Das ist ja auch ein toller Stoff, in dem Laden würde ich auch gerne mal stöbern.
    Und ein gut passender Schnitt für den Mann reicht doch erst mal- meistens wollen die ja immer das gleiche Modell wieder genäht haben, so jedenfalls meine Erfahrung.
    Liebe Grüße
    Barbara

    • Dankeschön.
      Ich muss gestehen, das hoffe ich … dass wir uns perspektivisch für jedes Kleidungsstück auf einen Schnitt einigen, den wir dann rauf und runter nähen.
      Liebe Grüße, Manuela

  4. Super, dass er dir schon neuen Stoff gebracht hat 😀 Das ist doch ein schönes Kompliment 🙂 ich finde die Hose sehr gut und bin auf weitere Versionen gespannt!:)
    Liebe Grüße
    Katharina

  5. Ausführliche Vorplanung sichert meist ein gutes Ergebnis, : ).
    Sieht sehr gelungen aus und schön lässig.Und wenn der Mann schon selbständig weiteren Stoff besorgt, scheint er von deinen Nähkünsten mehr als überzeugt zu sein.
    LG von Susanne

  6. Toller Typ, der Stoff aussucht und mit dem genähten Ergebnis zufrieden ist. Ich habe da eher einen von der sehr kritischen Sorte aber ein erstes T-Shirt ist in Arbeit. Mal ´sehen, wie es ankommt. Die spanische Ladenkette Ribes & Casals habe ich in Barcelona kennengelernt und kann die gut gekleideten Herren bestätigen, die den Stoff abschneiden und bei Menge und Kombination hervorragend beraten. Da hat sich übrigens auch mein Mann wohl gefühlt und sich gleich in die Fachsimpelei eingeschaltet. Ich bin gespannt auf weitere Herrennähprojekte bei Euch. Liebe Grüße von Ina

    • Ich drücke Dir die Daumen, dass das Shirt gut ankommt. In jedem Kleidungsstück steckt ja doch immer einiges an Arbeit drin. Und ich bin natürlich auf den Schnitt gespannt!
      Vielen Dank & liebe Grüße,
      Manuela

  7. Dann ist es ja gut gelaufen, wenn er schon Nachschub besorgt hat.
    Herzlichen Glückwunsch!

    Hoffentlich komme ich auch irgendwann in nicht allzuferner Zukunft mal zum Nähen einer Hose, die dann in Serie gehen kann.

    Liebe Grüße
    Und viel Spaß bei der Planung des Anzeichnens und Zuschneidens der Karos 😉

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