Grasser No. 501 – Men’s Slacks

2018 hatte ich mal mit einer Reihe „Nähen für ihn“ begonnen. Besonders erfolgreich war das Ganze nicht. Klickt man auf die entsprechende Kategorie in der Sidebar, findet sich darunter bisher nur ein einziger Post. Wesentlich ergiebiger wäre eine Rubrik unter dem Titel „Genäht von ihm“ gewesen. Denn H. näht inzwischen auch, wenn auch mit einem anderen Fokus als ich. Alles hat mit einer Werkzeugtasche begonnen…

Zwischen den Jahren haben wir gemeinsam genäht. Das ist einerseits schön, weil ich für Nähnerdflausch nun nicht einmal mehr das Haus verlassen muss, anderseits hängt dadurch manchmal der Haussegen schief, bspw. wenn ich das Bügelbrett mal wieder mit Einlage versaue, umgekehrt er sich mein Werkzeug ausleiht und nicht wieder zurücklegt. GRRR. Während H. einen Bezug für unser Sofa genäht hat (passend zum Sessel, Schnittzeichnung s. o.), habe ich endlich die zu Weihnachten 2021 versprochene Hose beendet. Ein Jahr, und zwei Wochen später… Ich sag’s Euch, schlimm mit mir!

DIY: Sofa-Bezug von ihm, Kissenhüllen von mir, das Beistelltischchen (ursprünglich eine Blumenbank) hat mein Großvater vor vielen Jahrzehnten mal für meine Großmutter gebaut, die Hose, die er auf dem Sofa trägt, von ihm.
Schnitt & Stoff

Ausgesucht hat sich H. damals Nr. 501 von Grasser, eine eher locker geschnittene Hose mit Hüftpassen- und Pattentaschen mit geradem Bein. Na, eigentlich habe ich den Schnitt ausgesucht, weil ich dachte, das könnte funktionieren: H. wollte „nur“ eine Hose, die auch nach einem langen Arbeitstag am Schreibtisch nicht in den Bauch drückt – eine Aufgabe, an der bereits eine professionelle Schneiderin gescheitert ist. Die von ihr angefertigte Chino ist zwar traumhaft verarbeitet und sieht im Stehen prima an ihm aus, im Sitzen drücke sie aber. Ich hatte also nicht wenig Respekt vor der Aufgabe.

Wie immer gibt es mehrere Wahrheiten: Einerseits ist H. diesbezüglich wirklich ein Sensibelchen, andererseits sind diese auf den Hintern geschnittenen Herrenhosen mit schmalen Beinen, die es überall zu kaufen gibt, nicht für jeden Körper gemacht.

Als Stoff hat sich H. für einen dunkelblauen Baumwollkörper mit eingewebten Streifen (Ton in Ton) und 2% Elasthan entschieden. Mehr Elasthan darf es für meinen Geschmack bei einem Hosenstoff nicht sein. Der Stoff (Hüco) hat mir selbst so gut gefallen, dass ich mir auch eine Hose daraus genäht habe (dazu demnächst). Passende Futterviskose für H.s Hose hatte ich noch im Bestand.

Größe, Anpassungen & Passform

Größe entsprechend Hüftumfang gewählt (Gr. 56, russisches Größensystem). Wie bei den Frauen unterscheidet Grasser auch bei den Männern verschiedene Längen: Mit 182/183 cm liegt H. genau zwischen zwei Größen. Da ich die Beine meiner Grasser-Hosen als sehr lang erinnere, H. zudem im Vergleich zu mir eher ein „Sitzriese“ ist, habe ich mich für die kürzere Version entschieden. Ein Fehler. Ich habe alles, was der Saum hergab, auslassen müssen und mit Stoßband gesäumt. Beim nächsten Mal würde ich die Hosenbeine verlängern; die Leibhöhe passt dagegen.

Außerdem ist die Hose ihm etwas zu weit; sie rutscht im Laufe des Tages, weshalb ich nachträglich zwei weitere Gürtelschleifen angebracht habe. Bei der nächsten Version würde ich über die Seitennähte mindestens eine halbe Größe herausnehmen, zumindest bei einem Stoff mit Elasthan.

Anleitung & Schwierigkeitsgrad

Es ist eine der jüngeren Schnitte von Grasser, weshalb es eine bebilderte Schritt-für-Schritt-Anleitung auf Englisch gibt, die keine Wünsche offenlässt. Die größten Schwierigkeiten liegen m. E. im Hosenreißverschluss und in der Pattentasche. Gerade zweite ist für mich immer etwas aufregend, weil mir die Routine fehlt. Dementsprechend gibt es bei der Verarbeitung auch noch Luft nach oben. Vielleicht sollte ich mal in einem Übungsstoff zehn Pattentaschen hintereinander machen…

Was gefällt, was nicht? Nochmals nähen? Weiterempfehlen?

Für einen Erstling nicht schlecht, aber da geht noch was. H. hat sich bereits einen neuen Stoff, diesmal schwarzes Wolltuch ausgesucht und den Kauf eines weiteren Hosenschnittes verweigert. Außerdem haben wir hier noch ein Schnitt-Geschenk und einen Unisex-Schnitt zu liegen, die wir ausprobieren können.

Fazit: Fürs Erste können wir aber mit kleinen Optimierungen mit Grasser 501 in Serie gehen.

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13 Kommentare

  1. Ach, wie cool, schöne Hose und Männer tragen ja eh immer Gürtel , aber ich hoffe eigentlich, dass es zu dem Sofa noch was gibt, das sieht ziemlich akkurat aus, die Berechnung ist auch ziemlich genau, meine Güte, ich mit meinen pi x Daumen Ausmessungen von Sessel und Sofa, wie irre, dass sich H. von dir hat anstecken lassen, bin sehr beeindruckt, lg Anja

    • Manuela

      Dankeschön, sowohl für das Kompliment für die Hose als auch das Sofa. Mit dem Nähen konnte ich ihn anstecken, mit dem Bloggen bisher nicht (auch wenn er sich liebevoll um die mehr werdenden Störungen auf diesem Blog kümmert, weil Theme, Plugins usw. veraltet sind). Insofern ist leider kein Beitrag zu den Polstermöbeln geplant.
      Vielleicht, um einen Eindruck zu bekommen: Er hat den Bezug vom Sessel abgenommen und komplett aufgetrennt, um das Konstruktionsprinzip zu verstehen; Sitzfläche und Lehne werden aus Patchworks zusammengesetzt (Kappnähte), daran werden Stirn- und Rückseiten angenäht. Auf der Rückseite befindet sich ein Reißverschluss, sodass man die Bezüge im Ganzen abnehmen kann. An den Kreuzungspunkten der Patchworks wird der Bezug mittels Schnürren durch die Matraze gespannt. Nachdem das Konstruktionsprinzip einmal klar war, hat er mittels Zeichenprogramm ein Schnittmuster fürs Sofa erstellt…
      Arbeitszeit fürs Sofa ca. eine Woche; also wahrlich kein Feierabendprojekt.
      Es gibt, glaube ich, ein paar Work in Progress Bilder; falls Du konkrete Fragen hast, kann ich sie ihm stellen und aus den Antworten dann einen kleinen Post schreiben.
      Liebe Grüße Manuela

      • 1000 Dank, liebe Manuela, ich befürchte, das Abtrennen und Zerlegen eines alten Bezuges wäre mir zu aufwändig. Das hört sich jedenfalls sehr ordentlich und perfekt gearbeitet an, Kompliment an H. LG Anja

        • Richte ich ihm gern aus.
          Ja, das kann ich mehr als nachvollziehen! Das macht man nicht nebenbei, dafür ist eine Woche Urlaub “drauf gegangen” + Vorbereitungszeit. Allerdings wäre reparieren lassen, mal abgesehen, dass wir keine Polsterei gefunden haben, die das machen wollte und die Arbeitszeit unbezahlbar gewesen wäre, auch nicht viel weniger umständlich gewesen: Sofa und Sessel die enge Treppe einer Berliner “Mietskaserne” runter, Transporter ausleihen und dann alles wieder Retour…
          So happy ich mit dem Ergebnis bin, ich kann nun besser verstehen, warum Leute ihre Polster, obwohl nur der Bezug zerschlissen ist, lieber wegwerfen und neue liefern lassen. Denn, was man an Zeit und Geld in die Reparatur investiert, egal ob selbst oder in Auftrag gegeben, muss man sich erst einmal leisten können.
          LG Manuela

  2. Eine Herrenreihe wäre wunderbar zu lesen, zum einen kann ich Inspiration brauchen und es würde mich auch interessieren.
    Ich selbst habe schon die MMM Statuten geprüft, ob ich da meine Werke für den Herren herzeigen darf. Bin nur aber noch nicht schlüssig.
    Ich wünsche euch viel Spaß und wenig in die Quere kommen bei der Serienproduktion!
    Grüße, Tina

    • Manuela

      Dank Dir.
      Meines Wissens ist der MMM eine Plattform für ” egoistische Selbernäher” und selbst genähte Bekleidung für Andere und Accessoires waren bisher unerwünscht. Aber vielleicht werden die Regeln mit der schwindenden Community liberaler.
      Würde mich freuen, wenn Du Deine Sachen für ihn trotzdem mal zeigst.
      Liebe Grüße Manuela

      • Das stimmt, so habe ich den MMM auch immer verstanden, aber da die anderen Linkpartys so gut wie verschwunden sind, oder zumindest kaum mehr Leser haben, hatte ich gehofft es da “unterzubringen”. Zur Not, müssen wir ein Paaroutfit vorstellen 😉
        Grüße, Tina

  3. Die gemeinsamen Näharbeiten habt ihr ja prima aufgeteilt, indem du eher für die Kleidung und er für die Verschönerung der Wohngegenstände zuständig ist, : ).
    Die Hose für ihn sieht klasse aus!
    Und beim ersten fertigen Stück gibt es ja meist die ein oder andere Sache, die man bei einer Wiederholung anders machen möchte oder verbessern könnte.
    Mit den Pattentaschen geht es mir wie dir; ich nähe die so selten, dass ich immer etwas nervös bin und jedes Mal denke, es ginge mit etwas Übung nicht nur schneller, sondern auch schöner, : ).
    LG von Susanne

    • Manuela

      Herzlichen Dank für Deine lieben Worte.
      Ja, mein Puls schlägt jedes Mal höher, wenn ich in ein selbst genähtes Kleidungsstück schneiden soll, weshalb Pattentaschen, Paspeltaschen u. ä. nicht gerade zu meinen Lieblingstätigkeiten beim Nähen gehören.
      Liebe Grüße Manuela
      P. S. Übrigens wir amüsieren uns gerade mit “Wednesday”. Danke für den Tipp.

  4. mich haben hosen ja auch immer beim sitzen in den bauch gekniffen – deswegen trage ich röcke 😀
    sollten männer auch dürfen im 21.jahrhundert. wobei: afrika, arabien, ganz asien – überall männer in röcken und kleidern.
    nun ist die erste hose ja endlich fertig – gratuliere! die “perfekte” passform muss sich entwickeln, beim träger und bei dem, der den schnitt macht. das dauert so 1-3 hosen nach meiner erfahrung……
    ich ziehe den hut vor den möbelbezügen des herrn H. – diesen stoffmengen und zahlensalat bin ich nicht gewachsen. und so schmeisse ich einfach einen überwurf drüber und nenne es boho-style.
    grüsse nach B. ! xxxx

    • Manuela

      Das werde ich ihm ausrichten; da wird er sich sicherlich freuen. Dankeschön!
      Ich weiß auch nicht, warum ich mich mit der Hose für H. so schwer getan habe, denn eigentlich nähe und trage ich Hosen ausgesprochen gern… Na, ja eigentlich weiß ich es schon: Angst vorm Scheitern; sich die ganze Arbeit zu machen und am Ende passt die Hose doch nicht… Um das Passformproblem zu knacken, hat mir übrigens unser Gespräch im Sommer geholfen: Dass ich nicht nur auf die Länge der Schrittkurve achten soll, sondern auch darauf, dass das hintere Hosenbein viel Länge und Weite über Gesäß und Oberschenkel hat.
      Liebe Grüße zurück, Manuela

  5. Die Hose sieht sehr professionell aus, die sollte ich meinem Mann mal zeigen. Vielleicht ist das was für ihn. Allerdings habe ich es nicht einmal geschafft ein gut sitzendes Oberhemd für ihn zu nähen, also lasse ich wohl besser die Finger davon. Ich finde es sehr schwer, bei einem Mann Kleidung anzupassen, besonders, wenn er nicht wirklich etwas von der Herstellung versteht. Ich hatte für den Muslin einen alten Kinderbettbezug benutzt, und das Muster hat ihn so irritiert, dass er zu dem Rest , also Kragenweite, Schulterschrägung etc. nicht wirklich etwas sagen konnte.
    Der Sofa-Bezug ist übrigens auch sehr professionell geworden. Ich habe einmal einen Sessen bezogen, ohne Keder oder Kappnähte, das war schlimm genug, darum herzichen Glückwunsch zur gemeisterten Herausforderung.

    • Manuela

      Richte ich ihm aus!
      Das kann ich gut nachvollziehen, dass die Anpassung dann alles andere als einfach ist bzw. habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht: Da diskutiert man schnell über die Eierlegende Wollmilchsau, was mich phasenweise auch demotiviert hat. Warum viel Arbeit hineinstecken, wenn nichts (Positives) zurückkommt. Da kann man sich lieber selbst etwas Hübsches nähen. Allerdings wuchs das Verständnis mit der Zeit…

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