Der Robson Coat von Sewaholic

Auf der Plattform des MMM findet gerade der jährliche Wintermantel Sew Along statt. Ich bin aus zwei Gründen nicht dabei: Erstens schreibe ich diese Zeilen in der Spätsommersonne an der italienischen Riviera und fange tatsächlich an, meine Nähmaschine samt zugeschnittenen Cardigan zu vermissen (damit habe ich mich wohl als Nähnerd geoutet); zweitens hat mich der Robson Coat von Sewaholic Patterns den August und September über in Atem gehalten, sodass mir erst einmal nicht der Sinn nach einem weiteren Großprojekt stand.

Schnittmusterhersteller/Label

Zu Sewaholic muss man wahrscheinlich nicht mehr viel sagen: Label aus Vancouver, 2010 gegründet, dessen Verkaufsschlager der Hollyburn Skirt ist; der Rock wird in der deutschen Nähcommunity rauf und runter genäht. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch ich nicht mehr widerstehen kann. Vielleicht erwähnenswert, dass die Gründerin das Label im Sommer verkauft hat (mehr dazu bei Nahtzugabe).

Was bekommt man?

Einen Schnitt für einen Trenchcoat mit allem was dazugehört (Schulterklappen, Epauletten, Ärmellaschen usw). Auffällig ist der runde Kragen, der den Mantel feminin, wenn nicht gar etwas girlie wirken lässt. Keine Schnittvariation. Sowohl konventionell als auch als E-Book erhältlich.

Material

Genäht habe ich den Mantel aus einem schwarzen Baumwoll-Twill mit Stand (4,50 m von Hüco). Im Rückblick zu viel des Guten. Zwar mag ich knittrige Trenchcoats nicht, die schlaff an einem herunterhängen. Dagegen hat mein Mantel nun unfreiwillig etwas Skulpturales; abgesehen davon, dass er ziemlich schwer ist und sich an Kragen und Schultern, wo fünf Stofflagen aufeinander treffen, echt Sch*** nähen ließ. Zudem würde ich nächste Mal für Kragen usw. ein dünneres Bügelvlies verwenden. So ist mir ein „Vatermörder“ à la Lagerfeld gelungen, der sicherlich sturmtauglich ist. Wie schon Siebenhundertsachen resümierte, das Schnittmuster ist für einen dünneren Stoff gemacht.

Nachdem ich 11 m dunkelblaues Schrägband gekauft hatte, wie in der Anleitung vorgesehen, habe ich mich doch dazu entschieden, den Trenchcoat klassisch zu füttern – mit beige-rot-blau-kariertem Futterstoff (2,50 m Acetat ebenfalls von Hüco wie auch das Schrägband). Von den 16 Knöpfen, die man für den Robson Coat braucht, konnte ich die Hälfte von einem ausgemusterten Kaufmantel recyceln, die anderen konnte ich bei Yavas nachkaufen. Außen sind die Knöpfe schwarz, innen dunkelblau-schwarz marmoriert. Die dunkelblaue Gürtelschnalle ist aus dem Nähkontor. Laut Anleitung wird der Mantel nur gebunden, was mir aber nicht gefallen hat. Wenn schon Trenchcoat, dann das volle Programm. Die Ziernähte habe ich ebenfalls dunkelblau abgesteppt.

Größenwahl, Passform & Änderungen

Größentechnisch liege ich bei Sewaholic zwischen Gr. 8 und 10. Bisher hatte ich von dem Label nur die Alma Blouse genäht, die ohne Änderungen gepasst hat. Folglich habe mich wieder für Gr. 10 entschieden und den Schnitt in Taille und Hüfte auf 8 verkleinert. Von anderen Schnittbesprechungen im Netz wusste ich zwar, dass der Robson Coat groß ausfällt, dennoch war das erste Nesselmodell eine ziemliche Enttäuschung. Der Mantel fällt überhaupt nicht tailliert, sondern hat eher eine A-Linie, die erst durch den Gürtel auf Taille gebracht wird – wohl eines der Fälle, wo die Fotos mehr als die Zeichnung dem Ergebnis entsprechen.

Jedoch hatte ich mich ursprünglich in die Schnittzeichnung verliebt! Nach mehreren Nesselmodellen hatte ich endlich die Silhouette, die ich wollte. In der Rückschau gar nicht sooo… viele Anpassungen: Mantel um 4 cm an der entsprechenden Markierung im Schnitt verlängert, damit der Trenchcoat meine Röcke bedeckt. Im Rücken habe ich nach der Verkleinerung auf Gr. 8 dann nochmals an den drei Prinzessnähten jeweils 1 cm auf Taillenhöhe herausgenommen.

Anleitung & Schwierigkeitsgrad

Die Anleitung von Sewaholic lässt keine Fragen offen. Ich konnte ihr nur nicht konsequent folgen, weil mein Exemplar gefüttert ist.

Fürs nächste Mal: Die Gürtelschlaufen kann man annähen, sobald der Korpus zusammengesetzt ist. Hierfür braucht es Ärmel und Kragen nicht; wenn man wie ich eine kleine Nähmaschine hat, ist es ohnehin mühsam, solche Stoffmengen zu bewältigen. Gleiches gilt für die Knöpfe an Schultern, Rücken und Ärmeln, die ich früher annähen würde – zumindest nicht erst, wenn das Futter schon halb im Mantel ist.

Den Futterschnitt muss man selbst erstellen. Stolz bin ich, dass ich an die Bewegungsfalte im Rücken gedacht habe. Da ich meterweise Schrägband gekauft hatte, wollte ich wenigstens einen Teil davon verwenden und habe es mithilfe eines Tutorials von Sewing Galaxy als Akzent zwischen Futter und Beleg gesetzt. Man kann aber auch die im Schnittmuster vorgesehene Schrägbandeinfassung der offenen Kanten beibehalten, wenn man den Robson Coat füttert. Letztlich wäre der Mantel dann unterfüttert, womit ein dünner Stoff mehr Stand bekommt – das Letzte, was ich in diesem Fall brauchte. Auch hierfür gibt es bereits ein Tutorial.

Was gefällt, was nicht? Nochmals nähen? Weiterempfehlen?

Erwähnte ich schon, dass es mein erster Mantel ist. Dafür bin ich mehr als zufrieden, auch wenn mein Robson Coat einige Schönheitsfehler hat. Was bei den Nesselmodellen reibungslos lief, die Ärmel mit Mehrweite einzusetzen, hat in der Finalversion auch im dritten Anlauf nicht faltenfrei funktioniert. Ich schiebe es mal auf die Stoffdicke?!  Falls ich den Schnitt nochmals nähen sollte, was ich bei dem Aufwand, den ich in die Anpassung gesteckt habe, wirklich tun sollte, würde ich mich an Paspelknopflöchern versuchen. Durch das Gewicht des Mantels verziehen sich die Knopflöcher trotz Einlage.

Fazit: Um sich das erste Mal an einem Trenchcoat/Mantel zu versuchen, kann ich den Schnitt von Sewaholic uneingeschränkt empfehlen. Es macht wirklich Spaß ihn zu nähen. Man sollte nur keinen taillierten Mantel erwarten.

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4 Kommentare

  1. Über deinen aktuellen Beitrag zur Jogginghose bin auf auf diesen Beitrag zu deinem Mantel gekommen. Auch wenn ich gerade keine Zeit habe, plane ich so einen Trench Coat schon seit einiger Zeit. Ich hatte mir auch den Robson Coat ausgesucht, weil er durch den Gürtel tailliert wirkt. Die angegebenen Fertigmaße haben mich dann aber auch stutzen lassen. Schön, dass du das hier nochmal so beschreibst. Ich denke, ich werde den Coat trotzdem nähen und ähnlich wie du taillieren und auf jeden Fall auch füttern – einen ungefütterten Mantel habe ich schon (den Trench Coat von Deer and Doe, den ich auch aus einem viel zu dicken Stoff genäht habe. Dieses Schnittmuster ist übrigens tailliert, falls du noch auf der Suche nach einem Schnittmuster sein solltest.
    Liebe Grüße Juniper

    • Manuela

      Ich freue mich immer, wenn ein älterer Post wieder gelesen… und dann sogar noch kommentiert wird… Danke!
      Den Luzerne von Deer and Doe hatte ich nicht mehr auf dem Schirm, weil er ebenfalls kein Futter hat, aber das ließe sich ja ändern…
      Durch die Prinzessnähte lässt sich der Robson Coat leicht anpassen und die Mehrweite rausnehmen. Vielleicht bedarf es gar keines Probemodells, sondern man kann die Taillierung am Futter vornehmen und dann auf die Schnittteile übertragen… Man muss es vorher eben nur wissen, dass der Mantel eher eine A-Linie hat.
      Liebe Grüße Manuela

      • Das ist eine gute Idee, erst das Futter zu nähen und dort die Taillierung “zu testen”!
        Der Luzerne- Trench Coat von Deer and Doe fällt SEHR kurz aus. Ich bin 1,60 groß und habe ihn unten um 8cm(!) verlängert, damit er meine Röcke bedeckt (endet nun knapp über dem Knie). Die Taille hat erstaunlicher Weise gut gepasst (also von der Höhe her). Du müsstest wahrscheinlich über und unterhalb einiges an Länge zugeben!
        Liebe Grüße Juniper

        • Manuela

          Dank Dir für den Hinweis mit der Länge!
          Gut zu wissen. Da müsste ich wirklich ordentlich zugeben…
          Herzliche Grüße,
          Manuela

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