Was bin ich?

Lieferketten transparent machen – das fordert das Lieferkettengesetz. Unternehmen sollen wissen, unter welchen Bedingungen ihre Produkte entstehen, wer daran arbeitet und welche Ressourcen verwendet werden. In der Realität bleibt das oft ein frommer Wunsch: Die meisten Kleidungsstücke – aber eben auch Stoffe –, die wir heute kaufen, haben eine Reise über mehrere Kontinente hinter sich, ihre Herkunft ist schwer nachzuvollziehen. Baumwolle aus Indien, Garn aus China, gefärbt in Pakistan, konfektioniert in Bangladesch, vertrieben über Europa. Am Ende halten wir etwas in den Händen und haben keine Ahnung, welche Wege es genommen hat.

Baumwollstrick, zwei Coupons je 1,20 x 1,30 m

Bei diesem Stoff ist das anders: Ich kann seine Herkunft rückverfolgen – weiß sogar, auf welcher Maschine er gestrickt wurde. In einer Welt globaler, verschlungener Lieferketten ist das eine Seltenheit. Und genau deshalb tue ich mich mit seiner Verarbeitung schwer. Ich will es nicht vermasseln…

Der Stoff soll ein Pulli für den Herbst werden, das weiß ich schon. Allerdings bin ich unschlüssig, welcher Schnitt dafür am besten passt. An folgende Schnitte hatte ich gedacht: #113 Burda 11/2020. Wie vermutlich viele von euch habe ich eine Sammlung von Schnittmuster-Heften, die es verdient, mehr genutzt zu werden. Ein weiterer Schnitt, den ich mir gut in dem Stoff vorstellen kann, ist der Monroe Rolli von Tessuti.

Sicherlich lässt sich dagegen einwenden: Braucht es für einen Schemaschnitt überhaupt ein Muster? Lange bevor es Maßschnitte, Mehrgrößenschnitte oder CAD-Programme gab, wurde Kleidung nach ganz anderen Prinzipien gefertigt. Diese sogenannten Schemaschnitte bestehen meist aus geraden Linien und Rechtecken, folgen keinem idealisierten Körpermaß und lassen sich mit wenigen Nähten zusammensetzen. Man findet sie in vielen traditionellen Kleidungsformen weltweit: im Kimono, Bauernhemd, Kaftan oder der Djellaba. Allen gemeinsam ist, dass sie mit minimalem Stoffverschnitt, einfacher Technik und hoher Funktionalität gefertigt werden konnten. Nun muss man Tessuti zugutehalten, dass es den Monroe Rolli als Freebook anbietet. Andere verkaufen solche Grundformen gern als „Designer-Stück“ – und das nicht gerade günstig.

Named Clothing: Selbst genäht (Breaking the Pattern)

Dann fiel mir noch Ruska von Named Clothing wieder ein. (Auf Finnisch bedeutet Ruska übrigens “Färbung des Herbstlaubes”.) Von dem Shirt-Baukasten besitze ich bereits ein paar sommerliche Versionen (z. B. hier), mit denen ich zufrieden bin. Und noch ein Urgestein der Indie-Pattern-Szene: der Toaster Sweater #2 von Sew House Seven. Meine Güte, der Schnitt muss vor beinahe acht Jahren erschienen sein. Wie doch die Zeit vergeht …

Quelle: Toaster Sweater von Sew House Seven

Kurzum: Ich dachte, am besten frage ich meine virtuellen Nähfreundinnen: Habt ihr Ideen? Welches Schnittmuster würdet ihr empfehlen?

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11 Kommentare

  1. Ich dachte, ich hätte Burda 113 mal mit semi Ergebnis genäht, aber es war ein ähnlicher 118 aus einem anderem Heft, die ähneln sich eben doch sehr. Früher, vermutlich vor 8 Jahren, war ich komplett begeistert von Toaster und erinnere mich an viele tolle Exemplare. Ich glaube, bei diesen ganzen Modellen hängt sehr viel an der Steifigkeit des Stoffes, denn erst die bringt den Kragen zum Stehen, gilt natürlich nicht für den Monroe Turtleneck oder einen anderen enganliegenderen Kragen. Bei meinem 118 war der Sweat sehr weich und schlabberte runter, was leider den Effekt des runden hochstehenden Abschlusses relativierte. LG Anja

    • Du meinst vermutlich #118 aus der Burda 12/2019? Den Schnitt habe ich auch mal genäht: Er hat weniger Bewegungs- und Designzugabe, sitzt körperbetonter und hat eine Rückennaht.
      Bei diesem Stoff darf es etwas mehr Volumen sein. Mit dem Stand hast Du natürlich recht; es erinnert mich daran, dass ich die Dehnbarkeit checken sollte, ob ich meinen Kopf durch einen Rollkragen aus diesem Strick überhaupt bekommen würde.
      Dank Dir & liebe Grüße Manuela

  2. Guten Morgen! Ich habe den Monroe Turtleneck mal genäht und fand ihn auch für meine große Oberweite gut sitzend- allerdings kleine Warnung: der Stoff muß ausreichend dehnbar für den Rollkragen sein, sonst gibts beim Anziehen klaustrophobische Anfälle….

    • Guten Morgen. Dank Dir für den Hinweis! Er zeigt mir mal wieder, dass es absolut Sinn macht, Ideen im Austausch auf ihre Umsetzbarkeit hin zu prüfen. Kann man sich Dein Monroe Turtleneck irgendwo anschauen? LG Manuela

  3. Bei Baumwollstrick wäre ich zögerlich mit legeren Schnitten, bei meinen Versuchen hat der Strick sehr nachgegeben, vorallem am Halsausschnitt.
    Von Pattydoo das Modell Stella mit einem mässigen turtleneck, das kann ich mir sehr gut vorstellen. Ich habe einige Varianten, leider nicht geteilt.

    • Geht mir ähnlich, dass es nur noch eine Auswahl selbst genähter Sachen auf den Blog schafft. Ich bin leider inzwischen oft zu faul. Obwohl ich mich hernach immer über die Resonanz und den Austausch freue, wenn ich mir einen Ruck gegeben habe…
      Stella mag ich auch gerne und habe das Modell auch 2 x genäht (mit verlängerten Ärmeln). Herzlichen Dank fürs Erinnern & lieben Gruß, Manuela

  4. Das ist ja ein wunderbarer Stoff. Wo hast Du ihn gefunden? Deine Bilder lassen mich auf eine Museumsstrickerei in Frankreich tippen.
    Ich denke, die Schnittauswahl hängt im wesentlichen davon ab, wie dick und wie steif der Stoff ist. Wenn der Stoff eher ein bisschen sperrig ist und Du etwas oversizedes, kastiges möchtest, würde ich den Monroe-Sweater wählen. Durch die gerade angesetzten Ärmel hast Du zwar eine Menge Falten, wenn die Arme unten hängen, aber mit dem weiten Körper solte das nicht stören. Allerdings würde ich den Rollkragen deutlich weiter machen, so dass er etwas vom Hals absteht.
    Wenn der Stoff eher weich und ein bisschen fließend oder dünn ist, würde ich mich für Burda oder Tessuti entscheiden. Die eingesetzten Ärmel sitzen bei herabhängenden Armen viel besser.
    Mit dem kleinen, eher weitern Stehkragen finde ich Ruska eher langweilig, das kann aber auch daran liegen, dass ich aktuell gerade kein Fan von Named bin.
    Viel Erfolg bei der Entscheidung, Stefanie

    • Richtig getippt!
      Mmh, wie würde ich den Strick beschreiben: moderat querelastisch, keine Längselastizität, eher leichter, die weißen Maschen lockerer gestrickt, ohne viel Stand, aber auch nicht so fließend wie z. B. Viskose-Jersey…
      Ich glaube, ich verstehe Deinen Punkt. Aber der Monroe-Sweater ist von Tessuti?
      Oh je, hat Dir Saraste so den Spaß an Named verdorben? Kleid und Bluse sind doch wirklich schön geworden….
      Liebe Grüße Manuela

  5. Ich hätte da noch einen weiteren Schnitt für die Diskussion: Burda 10/2022 #106B
    https://www.burdastyle.de/t-shirt-mit-weich-fallendem-kragen-10-2022-106b
    Hat Silvia Franziska hier beschrieben.
    https://petersilieundco.com/2025/09/03/zwischen-rollkragenpulli-und-bluse-der-schnitt-106-aus-burda-10-2022/
    Das Heft kann ich Dir gerne leihen.
    LG, Stefanie

    • Dank Dir für den Tipp. Den Schnitt kannte ich noch nicht. Muss mal schauen, ob ich das Heft habe. Irgendwann hatte ich ja aufgehört zu sammeln, entdecke mein Interesse für Burda-Schnitte gerade wieder…

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