I miss you

Warum Instagram (für mich) keine Alternative ist …

Einige gern gelesene Bloggerinnen betreiben Fahnenflucht und laufen zu Instagram über, wenn sie nicht ganz verstummen. Ungeachtet dessen, dass ich wohl eher text- als bildaffin bin – ich vermisse dieses Schreiben jenseits von Schubladen, dass mühelos zwischen Knopfloch, Kuchenrezept und Weltpolitik hin und her springt (auch wenn ich zugegebenermaßen selbst hier recht mono-thematisch bin).

Für dieses Hin und Her, das sich nicht um mediale, disziplinäre und institutionelle Grenzen schert, hat Branden W. Joseph in einem anderen Zusammenhang mal den, wie ich finde, fabelhaften Ausdruck “kleine Geschichte” (minor history) gebraucht. Wo es eine kleine Geschichte gibt, gibt es natürlich auch eine große, die die Schlagworte festlegt, in denen Geschichte gewöhnlich erzählt wird. Was nicht in dieses Raster passt, schafft es bestenfalls zur Fußnote in die große historische Erzählung. Dagegen kann die kleine Geschichte nur aus dem sozialen Miteinander heraus verstanden werden, innerhalb derer sie entstanden ist.

In diesem Sinn bedeutet der Wechsel zu Instagram nicht nur den Übergang von einem Medium zum anderen. Vielmehr wird die Kontrolle dieses Miteinanders einem einzigen Unternehmen überlassen (Instagram gehört zu Facebook), das nun darüber entscheidet, was und wie erzählt wird. Vielleicht bin ich aber auch einfach zu alt, um in Post-Privacy die große Freiheit zu sehen.

Natürlich lassen sich Geschichten auch mit und in Bildern erzählen. Was mir aber bei Instagram & Co. fehlt, sind jene Geschichten, die das Kleidermachen nicht auf das stolze Vorzeigen reduzieren: “Seht her, was ich gemacht habe!” Zugegebenermaßen immer noch besser, als die unzähligen Selfies von Frauen, die das Netz wie Schneewittchens Stiefmutter den Spiegel befragen: “Bin ich schön (genug)?” Übrigens zum Thema Selfies im Netz kann ich wärmstens die Folge Überhaupt nicht instagramable des Lila-Podcasts empfehlen.

Um es kurz zu machen: Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn die Eine oder Andere von Euch das Bloggen für sich wieder entdeckt. Denn ich vermisse Euch!

Herzliche Grüße,

M.

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3 Kommentare

  1. Schöner Blog, gerade eben erst von mir entdeckt.
    Für mich ist Bloggen die bessere Alternative als Instagram, Gründe gibt es viele, vor allem ist es tatsächlich eine Art Tagbuch für mich selbst.
    Dein blauer Mantel ist wunderbar.
    Liebe Grüße
    Susan

  2. Ich kann diese Auffassung auch nur teilen. Wir – also wir zwei von fabricandacuppa – sind ja noch ziemlich “neu” mit unserem Nähblog und beobachten die Bloggerszene der Nähenden jetzt auch noch nicht über mehrere Jahre, aber ich habe auch bereits den Eindruck, daß die Kultur des Austausches schwindet. Ich bleibe immer bei Blogs hängen, die mir von der Arbeit mit dem Stoff oder von der Schwierigkeit mit der Nähmaschine oder den Problemen bei der Schnittanpassung etwas erzählen oder jemand davon erzählt, wie er sich in ein Problem geradezu verbeißt. Solche Schilderungen sind meistens ziemlich spannend. Und oftmals sind sie gespickt mit viel wertvoller Information, die ich dankbar aufgreife. Das lässt sich via Instagram natürlich überhaupt nicht leisten und das ersetzt keinen Blog. Instagram eignet sich wirklich nur als kurze Kurzmitteilung. Wir sind dort seit einigen Wochen vertreten, um schnell vielleicht auf eine Ausstellung, die wir weiter gar nicht besprechen wollen, hinzuweisen. Dabei allerdings sollte es nicht bleiben. Gut gemachte und informative Blogbeiträge sind wirklich eine andere Hausnummer, die natürlich auch mehr Arbeit, Zeit und Mühe kosten. Das aber ist es wert.

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