Ein nahezu perfekter Sonntag! Ausgeschlafen. Die Sonne schien. Gemütlich gefrühstückt. Bei strahlendem Herbstwetter durch den Tiergarten zum Kulturforum gelaufen. Stunden in der Ausstellung Connecting Afro Futures: Fashion x Hair x Design verbracht, die noch bis zum 1. Dezember 2019 im Kunstgewerbemuseum zu sehen ist.
“Eine Ausstellung mit afrikanischer Mode und afrikanischer Haarkunst im Kunstgewerbemuseum?”
In dieser Frage, die einer der drei Kuratorinnen, im Vorfeld der Ausstellung gestellt wurde, zeigt sich das Dilemma, mit dem sich Designer*innen aus Afrika konfrontiert sehen. Produkte made in Afrika werden immer noch im ethnologischen Museum verortet, und damit außerhalb der globalen Designgeschichte, die nur allzu oft immer noch eine Erzählung weißer (West-)Europäer und US-Amerikaner ist; so befindet sich bspw. in der Modegalerie des Kunstgewebemuseums kein einziges Kleidungsstück einer afrikanischen Designerin oder eines afrikanischen Designers. Mit dieser musealen Verortung geht oftmals die Vorstellung vom „dunklen Kontinent“ einher, fern ab moderner Zivilisation, bewohnt von “traditionellen” Kulturen, denen die Zukunft abgesprochen wird.
Dagegen entwirft Connecting Afro Futures eine Idee von Afrika jenseits von Ethno-Stil und dem Bild des hilfsbedürftigen Kontinents, auf dem Korruption, Krieg und Krankheit vorherrschen. Mode ist für die aus Dakar, Kampala und Benin stammenden Designer*innen nicht einfach nur Bekleidung, sondern ein Vehikel, um derartige Klischees auf den Kopf zu stellen.
So demonstriert z. B. Lamula Anderson, dass Mode made in Afrika weit mehr als bunte Kleidung ist – im Gegenteil ihre Kollektion ist schwarz; sie wendet sich damit auch gegen den wohlgemeinten Rat ihrer Verwandten, mit ihrer dunklen Haut kein Schwarz zu tragen. Auch José Hendos barkcloth-Sachen haben eine andere Farbigkeit und Materialität, als man sie gemeinhin von Wax Prints und Shweshwe kennt – Stoffe, die oft mit afrikanischer Bekleidung assoziiert werden, aber ursprünglich von Europäern nach Afrika gebracht worden sind. Hendo verwendet für ihre Entwürfe Terrakotta farbiges und schwarzes Rindentuch (barkcloth), welches aus der Rinde des in Uganda heimischen Mutuba-Baumes gewonnen wird; sie mischt es mit Altkleidern aus Europa und den USA, die in Afrika entsorgt worden sind.
Wie schon der Titel Connecting Afro Futures andeutet, ist die Ausstellung symptomatisch für die derzeitige Afrika-Renaissance, die unter dem Vorzeichen des Afro-Futurismus steht. Ursprünglich wurden unter den Begriff Afro-Futurismus eine Reihe afroamerikanische Künstler*innen gefasst, die eine eigene, alternative Zukunft entwarfen jenseits (post-)kolonialer Klischees, und das unter Verwendung von Elementen aus dem Science Fiction. Mit dem mehrfach Oscar prämierten (u.a. fürs beste Kostümdesign) Film Black Panther (2018), in dem das fiktive Wakanda nur vorgibt, ein Dritte-Welt-Land zu sein, in Wirklichkeit aber technisch hochgerüstet ist, hat der Afro-Futurismus die Kinoleinwände erobert. In der Ausstellung befragt Ken Aïcha Sy in ihrer Arbeit Baadaye (Zukunft) Vertreter*innen aus Musik, Modedesign, Literatur und Ökonomie nach ihren afro-futuristischen Visionen.
Fazit: Eine wirklich sehenswerte Ausstellung und ein lesenswerter Katalog, den ich fast noch lieber mag, weil darin die textile Mode neben der Haarmode besser zur Geltung kommt. Großartig aufgemacht als “Magalog” – als Mix aus Magazin und Katalog – liefert er viele Hintergrundinformationen, z. B. warum und wie afrikanische Modedesigner*innen gerade in den letzten Jahren an internationaler Sichtbarkeit gewinnen.
Anja
Sehr interessant, wie schade, dass ich kaum noch in Berlin bin. Von derartigen Ausstellungen könnte es gerne mehr geben. LG Anja
Manuela
Vielen, lieben Dank!
Das würde ich mir persönlich auch wünschen, allerdings fürchte ich, dass es dafür kein entsprechend großes Publikum gibt.
Liebe Grüße, Manuela
Fröbelina
Wie spannend! Kein Wunder, dass ihr euch lange in der Ausstellung aufgehalten habt.
Vielen Dank fürs Mitnehmen!
Katharina
Manuela
Gern geschehen!
Herzlichen Dank für Deinen Kommentar.
Liebe Grüße, Manuela