Boyisch? Le_309 von dp Studio

Ich nähe noch! Auch nicht unwesentlich weniger als die letzten beiden Jahre zu dieser Zeit. Aber wie Charlotte (Vollmilchmädchen) so schön formulierte, weil „Leben 1.0 nach wie vor so aus- und erfüllend ist“, rücken die sozialen Medien in meinem Alltag in den Hintergrund. So ist die Hose, die ich heute endlich zu zeigen schaffe, auch schon im Herbst entstanden. Die Community war anlässlich des zweiten virtuellen Treffens, was Denim betrifft, im Nähfieber; überall waren selbst genähte Jeans zu sehen. Carola (Nähkatze) kündigte gerade ihren Boyfriend-Jeans-Sew-Along auf Instagram an. Was daraus geworden ist, weiß ich gar nicht, ich hatte nur die Ankündigung auf Kathrins (Holy Cows) Blog gelesen…

Anyway. Ich habe mich von der allgemeinen Begeisterung mitreißen lassen. Außerdem war meine Morgan Jeans an mehreren Stellen zerschlissen. Selbst die DIY-Klamotte geht irgendwann kaputt… Genäht habe ich dann allerdings einen anderen Jeans-Schnitt, der ebenfalls schon länger auf meiner Festplatte liegt: Le_309 von dp Studio, die ihre Macher als „Boyish“ beschreiben.

Schnitt & Stoff

Auch wenn ich schon mehrere Hosenschnitte genäht habe, die als Boyfriend-Jeans tituliert wurden, hat sich mir bisher nicht gänzlich erschlossen, was das eigentlich ist. Zu unterschiedlich finde ich die unter diesem Ausdruck angebotenen Hosen. Okay, wie die Jeans vom „Boyfriend“, also zu groß, sprich Oversize, oder wenigstens leger geschnitten. Mmh, vermutlich mit tiefsitzendem Bund, da zu große Hosen auf die Hüften rutschen und leicht „baggy“ sitzen, also eine Hose mit (zu) tiefhängendem Schritt. Mehr fällt mir aber zu Boyfriend-Jeans beim besten Willen nicht ein…

Vielleicht weil sie taillenhoch sitzt, versprüht Le_309 für mich eher Retroflair als dass sie mich an eine Boyfriend-Jeans erinnert: Es gibt z. B. von Marylin Monroe nicht wenige „private“ Aufnahmen, in denen sie ein Paar Jeans mit hohem Bund anhat – nicht nur ein sehr amerikanischer Look, sondern auch in Abgrenzung zu den ultrafemininen Outfits, die sie meist in Filmen und auf dem roten Teppich trug.

Ansonsten hat Le_309 alle Features einer normalen Five-Pocket-Jeans. Man kann sie mit Aufschlägen oder als „cropped“ Jeans nähen. Ich habe die zweite Version genäht, weil mir breite Aufschläge momentan an mir nicht gefallen. Seltsam es gab Zeiten, da ich nicht genug davon bekommen konnte.

Der Stoff ist ein Double-Face-Denim Marine/Ochsenblut, den ich wenigstens vor 2018 (seitdem halte ich meine Ein- und Ausgänge, was Stoff betrifft, in einer Excel-Tabelle fest) am Maybachufer gekauft habe. Er ist recht dünn, was auch der Grund gewesen ist, warum er viele Jahre keine Verwendung fand. Die Stoffstärke lässt nur Skinny (trage ich nicht) oder eine Jeans mit weitem Bein zu. Taschenfutter, Futterpaspel und der innere Bund sind aus einem Baumwolldruck, ebenfalls vom Ufer. Der Wechsel zwischen linker und rechter Stoffseite ist gewollt, mir gefällt der Blumenprint links besser, weil er dann leicht verwaschen wirkt. Die Ziernähte sind Blau auf Blau, weshalb man die Taschen auf den Fotos kaum erkennt. Vielleicht hätte ich lieber den Rotton der anderen Denim-Seite für das Garn nehmen sollen, bei den gekreuzten Gürtelschlaufen an der hinteren Mitte ist der Farbwechsel ganz hübsch. Auf Nieten habe ich bei dieser Hose verzichtet: Ich hatte keine passenden zuhause, meiner Meinung braucht es Nieten bei diesem Schnitt auch nicht, ohnehin ist darauf zu verzichten viel nachhaltiger.

Größe, Anpassungen & Passform

Genäht in Gr. 42. Wie schon bei Le_305 habe ich wieder den Schritt an den Innenseiten verlängert und auch an den Beinen Länge dazugegeben. Besonders passformsensibel ist die Hose ja ansonsten nicht…

Die Hüftpassentaschen und Münztasche habe ich neu gezeichnet, mich dabei an den Jeans-Schnitten von Closet Core Patterns orientiert. Le_309 unterscheidet nicht zwischen Taschenblende/Hüftpasse und Taschenbeutel, beides wird im Schnitt aus dem Hosenstoff genäht. Meine Befürchtung war, dass diese Verarbeitung auftragen bzw. sich die Taschen unschön durchdrücken könnten.

Anleitung & Schwierigkeitsgrad

Mit Zeichnungen bebilderte Schritt-für-Schritt-Anleitung auf Französisch und Englisch. Ich bin damit gut zurechtgekommen. Es ist allerdings auch nicht meine erste Jeans und ich greife beim Jeans-Nähen gern auf die Bücher von Heather Lou (Sewing Your Own Jeans) und Johanna Lundström (dt. Jeans Nähen) zurück.

Was gefällt, was nicht? Nochmals nähen? Weiterempfehlen?

Inzwischen gibt es Le_309 Nummer 2; das sagt, glaube ich, schon Einiges. Die hier gezeigte Version war ursprünglich nur als Probemodell gedacht. Sobald ich den Eindruck hatte, das könnte mit meinen Änderungen etwas werden, habe ich sie zu Ende genäht. Vielleicht ein etwas ungewöhnlicher Jeans-Schnitt, dennoch oder gerade deswegen gefällt mir Le_309 momentan sehr. Ich könnte ihn mir auch in Cord, Tweed oder Leinen vorstellen. Denn wie viele Jeans braucht man schon?

+++

Verlinkt beim MMM: Ich freue mich mal wieder dabei zu sein.

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29 Kommentare

  1. Ich wundere mich auch oft, was alles als Boyfriend-Jeans bezeichnet wird, aber egal, ich suche mir einen Schnitt nicht nur nach Stil heraus, sondern schaue, ob er die Details aufweist, die ich haben möchte.
    Mir gefällt deine Jeans richtig gut; sie sitzt schön lässig, ohne unförmig zu sein und deine Verarbeitung ist, wie immer, klasse.
    Der Schnitt sieht sicher auch mit einem anderen Stoff gut aus, wobei ich als Jeanshosenfan bestimmt sehr versucht wäre, die nächste Hose in einer anderen Waschung zu nähen. Aber du hast natürlich recht; man braucht nicht soso viele Jeanshosen, : ).
    LG von Susanne

    • Manuela

      Dankeschön Susanne.
      Ja, ja, ich habe leicht reden, da ich nicht so der Jeanshosenfan bin; andererseits aber Hosen sehr mag und dort seltsamerweise der Meinung bin, davon kann man nicht genug haben…
      LG Manuela

  2. gar keine ;-D
    also ich. die aktuelle deine ist dir super gelungen!!
    ich mag diesen “klassischen” weiten schnitt – retro-look vom feinsten, vor allem mit den turnschuhen und dem ringelnicky…..
    1x habe ich eine jeans genäht, vor 25 jahren – und sie kaum getragen. obwohl ich damals tatsächlich noch oft jeans trug… aber ich mochte lieber die klassische, vor-80er form (ohne hüftbogen) der 501 aus schön schwerem denim (gabs damals 2.hand als US-import). und 4 nummern zu gross – heute würde man das wohl boyfriend-look nennen ;-D
    xxxxx

    • Manuela

      Ich vermute auch, das würde man heute so nennen.
      Irgendwie kann ich mir Dich in Jeans so gar nicht vorstellen, aber es scheint ja auch schon eine Weile her zu sein…
      Dank Dir & LG Manuela

  3. Diese Jeans steht dir jedenfalls super, egal wie man die Form bezeichnet, langsam bin ich so alt, dass ich diesen ganzen Marketing Kram sehr überflüssig finde. Wieviele Jeans man braucht hängt m.E. davon ab, ob man sie dauernd anzieht und noch Alternativen hat. In diesem Kurs letztes Wochenende fiel auf, dass Shirts und Jeans hauptsächlich den Kleiderschrank bevölkern (bei Frauen, es gab keine Männer), mit meinen 3, die fast eine zuviel sind, lag ich sehr weit unter dem Schnitt von 15, aber ich besitze viele Kleider. LG Anja

    • Manuela

      15 paar Jeans im Schnitt? Wow! Ich mag Jeans, hätte aber gar nicht die Gelegenheit, die alle zu tragen… Vielleicht weil ich Jeans gern in der Übergangszeit trage, die es hier immer weniger gibt. Im Winter ziehe ich Woll- und im Sommer Leinenhosen bzw. Viskose-/Leinenmischungen vor.
      Klingt nach einem spannenden Kurs!
      LG Manuela

  4. boyisch finde ich super. Egal wie Du sie nennst, eine feine Jeans hast du genäht. Dunkel Jeans mag ich persönlich sehr gerne, heller werden Sie von alleine. LG Jeanette

    • Manuela

      Da bin ich ganz bei Dir, ich mag auch lieber dunkle Waschungen.
      Danke & LG Manuela

  5. Eine coole Jeans, egal wie sie heißen mag. Ich komm da schon lang nicht mehr mit und bin ausgestiegen 😉
    Jeans bevölkern meinen Schrank leider auch sehr… zu sehr. Im Grunde trage ich 3 im Winter und im Frühjahr kommen noch 3 dazu, die knöchelfrei sind und für mich im Winter rausfallen.
    egal wie: deine sieht top aus, genau richtig und wie immer perfekt umgesetzt.
    LG Miriam

    • Manuela

      Dankeschön!
      Ich würde Anja zustimmen. Es ist eine Frage der Tragegewohnheiten. Wenn Du sie oft und lange trägst, dann ist es doch völlig Okay, mehrere Paar Jeans zu haben. In dem Kurs ging es wohl eher um Schrankleichen und was man damit macht…
      LG Manuela

  6. Eine sehr schöne Hose hast du Dir genäht. An Jeans gehe ich bisher nicht ran bewundere daher umso mehr alle jene die sich trauen und all die vielen STeppnähte, Taschen usw. nähen…. LG Kuestensocke

    • Manuela

      Dank Dir.
      Ach ich denke, mit Deiner Erfahrung bekommst Du das locker hin…
      LG Manuela

  7. Nach meinem Verständnis sitzt die Boyfriend-Jeans eher tief auf der Hüfte, da sie ja vom Boy ausgeliehen wurde und der vermutlich doch ein größeres Taillen- und Hüftmaß hat. Jeans, die hoch in der Taille sitzen, werden oft als Mom-Jeans bezeichnet, dann gerne mit nach unten eng zulaufenden Beinen (vulgo: Karottenhose). Und dann gibt es noch die Jeansform, die sich an die Form der Denimhosen in den 30er Jahren orientiert, denn damals gab es noch kein Elasthan und die Frauen trugen Jeans mit einiger Mehrweite im Hüftbereich, damit sie sich bewegen konnten. Es gibt hier https://thecrookedhem.net/2022/12/02/helene-jeans-studying-the-fit/ einen ganz spannenden Blogbeitrag, in dem diese Vintage-Jeansform beschrieben wird. Egal wie: ich finde es grade spannend, wie sich diese verschiedenen Jeansformen nebeneinander entwickeln, und alles ist deutlich weiter und bequemer als die Skinny-Jeans. Sehr interessan, dein französischer Schnitt, den schaue ich mir mal genauer an. Dir steht diese Hose super!
    Liebe Grüße
    Barbara

    • Manuela

      Merci.
      Auch für den Link zu dem spanndenden Blogpost! Darin war sehr schön zusammengefasst, warum ich bei Le_309 Retro/Vintage denke; es ist nicht allein der taillenhohe Bund, sondern in Verbindung mit der großen Bewegungszugabe in den Hüften, im Schritt und den Oberschenkeln. Ich könnte tatsächlich in Le_309 Tennis spielen, oder für meinen Alltag gerade relevanter, ich kann darin länger sitzen…
      Dazu, wie man jedes Jeansschnittmuster auf Selvedge anpassen kann, gibt es übrigens auch ein Kapitel in dem Buch von Lundström, falls Dich das interessiert.
      Liebe Grüße Manuela

  8. Sauschöne Hose – und ich fühle mich geehrt, quasi den Opener dazu geliefert zu haben! Ich habe mich gerade mangels Nähzeit auch der abgelegten Jeans meines Mannes bemächtigt und wurde gerügt, sie als “Boyfriend”-Jeans betitelt zu haben…
    Sehr herzlich: Charlotte

    • Manuela

      Dankeschön Charlotte!
      Und ich wiederum fühle mich geehrt, dass Du vorbeischaust. Wir haben übrigens letztens Dein Lammfleisch/Orzo-Gericht nach Ottolenghi nachgekocht. War großartig!
      Herzliche Grüße Manuela

      • Na klar – ich schaue hier sogar sehr regelmäßig rein, weil ich deine Art zu Nähen und Bloggen supergerne mag! Und das mit Ottos Orzo freut mich sehr! Frohe Ostern!
        Sehr herzlich: Charlotte

        • Manuela

          Freut mich wirklich zu lesen, insbesondere da ich Deinen Blog auch sehr gern mag. Liebe Grüße Manuela

  9. Mich verwirren all diese neuen Bezeichnungen der verschiedenen Jeans und Schnitte ziemlich. Da merke ich dann, dass die Mode an mir vorbeizieht, ohne dass ich es mitbekomme. Soll sie. Ich habe nach einem Schnitt gesucht, der einigermaßen das für mich ausdrückt, was ich damals Ende der 80er in der 501 gefunden habe (die ich wie die Bahnwärterin im Secondhandshop gekauft habe, in Nürnberg mit seinen vielen Army Baracks in der Umgebung gab es einen recht großen) und habe es für mich in der Morgan Jeans gefunden. Bei der mich das Label Boyfriend erstmal abgeschreckt hat näher hinzusehen. Deine hier gezeigte Jeans würde ich auch eher mit den Vintage Jeans verbinden. Deine Version jedenfalls gefällt mir sehr gut. Ich könnte sie mir auch sehr sehr gut in Leinen oder auch Leinendenim vorstellen.
    LG heike

    • Manuela

      Bei mir rangiert die Morgan Jeans auch ganz weit oben, obwohl ich zeitweise gar nicht so einfach fand, Denim ohne Elasthananteil zu kaufen…
      Danke & LG Manuela

  10. Gerade brauche ich wirklich keine Hosen, aber deine bietet eine verlockende Option.
    Wie ging es eigentlich mit deinen Strickplänen weiter?
    Grüße, Tina

    • Manuela

      Mit großen Ambitionen angefangen, momentan ruht es wieder… und mit den steigenden Temperaturen habe ich weniger Muse dafür. Ich fürchte also, vor der nächsten Wintersaison wird wenig zu sehen sein…
      Dank Dir & LG Manuela

  11. gefällt mir total gut deine Jeans wie auch immer bezeichnet. In dieser lässigen bewegungszulassenden Form brauche ich auch noch eine. Jeans sind bei mir arbeits- und alltagskleidung, daher brauche ich such immer ein paar, in denen ich mich wohl fühle… lg Sarah

  12. Ich finde, die Hose sitzt super! Auch wenn ich es wie Du seltsam finde, dass eine Boyfriend-Hose eine hohen Sitz hat. Dafür sind die Beine schön weit und ich mag auch die Länge. Mich würde mal interessieren, wie Du mit der Anleitung klar gekommen bist. Meine Erfahrungen waren mit so Studio sehr negativ.
    Viele Grüße Anke

    • Manuela

      Vielen Dank!
      Hier lief alles reibungslos, allerdings ist Le_309 eine “normale” Five-Pocket-Jeans und weist nicht die für dp Studio oft typischen Besonderheiten in der Konstruktion auf. Bei der Hose Le_305 und bei der Bluse Le_600 erinnere ich das anders. Da habe ich schon eine Weile gebraucht, um die ungewöhnliche Konstruktion jeweils zu verstehen; und ja, an diesen Stellen hätte ich mir eine detailliertere Anleitung gewünscht.
      LG Manuela

  13. Das ist eine tolle Hose. Ich habe als jahrelange Burda-Abonentin ja Hemmungen, einzelne Schnittmuster zu kaufen, darum habe ich bei dp auch kaum noch vorbeigeschaut. Aber diese Hose ist vielleicht die Antwort auf meine lange Suche für einen Denim ohne Elasthan. Bei der Morgan Jeans müsste ich vermutlich ewig anpassen, ich durfte mal eine auf einer Annährung anprobieren, deshalb habe ich die für mich ausgeschlossen. Ich erinnere mich aber an die Karottenhosen der 80er. Seither war keine Jeans auch nur andeutungsweise so bequem.
    Vielen Dank für die immer wieder ausführliche Schnittbesprechung.
    LG, Stefanie

    • Manuela

      Sehr gern! Dir lieben Dank fürs immer wieder ausführliche Kommentieren.
      Deinem Kommentar entnehme ich, dass Du Dein Burda-Abo tatsächlich gekündigt hast?
      LG Manuela

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