In dieser Kombination konnte ich Paris & Amber nur noch einmal tragen – vorletzten Freitag am Maybachufer in bester Me Maid Begleitung – einer wunderbaren Bekanntschaft, die ich dem MMM verdanke! Schön war’s. Mittags saßen wir noch bei strahlendem Sonnenschein auf der Terrasse des Cafés. Als ich zwei Stunden später aus der U-Bahn stieg auf dem Weg nach Hause, stürmte es und war zehn Grad kühler. Zwar ist es herbstlich draußen, ich wollte Euch aber dennoch meine letzten Me Mades zeigen, bevor ich die Sommergarderobe wegpacke.
Schnitt & Stoff
Im September gab es bei Schnittchen einen “Herbst-Sale”. Bei einem Preis von 2,00 € pro Schnitt konnte ich nicht anders als zuschlagen; u. a. habe ich Amber erstanden, ein asymmetrisches Shirt-Dress, das durch einen Schlitz und schrägen Saum auf der rechten Seite geschoppt wird. Man kann Amber auch als Shirt nähen, was ich gemacht habe, weil es mir eigentlich die Schulterpartie des Schnittes angetan hat; ich finde den angeschnittenen U-Boot-Ausschnitt sowie die angeschnittenen Cap-Ärmel ganz entzückend. Die Silhouette erinnert mich an die fließende Schulterlinie des New Look (die optisch einen Schwanenhals erzeugt), ohne dabei Retro zu sein.
Genäht aus einem weißen Baumwolljersey vom Ufer, den sich H. für ein T-Shirt ausgesucht hat. Ich dachte, ich kann ihn beim nächsten Wochenmarkt einfach nachkaufen, sodass mein “Diebstahl” nicht bemerkt wird. Pustekuchen, ausgerechnet diesen Jersey gab es nicht …
Die Hose ist Paris aus dem Buch Hosen nähen. Die perfekte Passform für jede Körperform von Vivian Altmann. Als begeisterte Hosennäherin hatte ich das Buch auch schon in der Hand, mich haben allerdings die Modelle nicht so angesprochen, dass ich es gekauft hätte … Na, ja, dann sah ich Ankes (Grenzgänger-Design) Umsetzung des Schnittes in einem rotem Leinen-Viskose-Gemisch. Was der Stoff doch ausmacht (auf dem Modellbild ist die Hose aus Microfaser)! Als ich dann noch las, dass es den Schnitt kostenlos bei Makerist gibt, war das Risiko mehr als überschaubar … Außerdem war es die Gelegenheit zu testen, ob der Paperbag Trend etwas für mich ist. Genäht habe mein Exemplar in schwarzer Leinen-Viskose (60/40 %) von Hüco, das Taschenfutter ist aus gelber Viskose.
Größe, Passform & Änderungen
Amber kann sowohl aus Web- als auch aus Strickstoff genäht werden. Die Stoffempfehlung lautet: “Jersey, Viskose.” Das hat mich skeptisch gemacht: Ich konnte mir nur schwer vorstellen, dass das in derselben Größe funktioniert, weshalb ich den Schnitt peinlich genau ausgemessen habe. Das sollte ich immer machen, da es später viele Anpassungen erspart. Genäht habe ich Amber in Gr. 36, obwohl meine Maße eher denen einer 40 entsprechen. Den Saum würde ich das nächste Mal ca. 2 cm kürzen, das Shirt fällt recht lang aus.
Paris habe ich in Gr. 40 genäht. Hier wiederum musste ich den Saum auslassen. Das nächste Mal würde ich die Hose verlängern auf 7/8. Ansonsten keine Änderungen notwendig. Was mir schnitttechnisch gefällt, ist dass die “Paperbag Waist” simuliert wird. Die Hose wird durch Bundfalten im Vorderteil und Abnäher im Rückenteil auf Taille gebracht, geschlossen wird sie über einen Reißverschluss in der hinteren Mitte. Das hat den Vorteil, dass sich nicht ganz so viel Stoff um die Körpermitte sammelt wie bei der klassischen Paperbag, die letztlich nur eine Abwandlung des gekräuselten Bundes ist.
Anleitung & Schwierigkeitsgrad
Auch das Design von Amber finde ich klasse, bei der Umsetzung gibt es Luft nach oben. Das fängt schon mit der Platzierung des Schnittmusters auf dem Bogen an. Zwar gibt es eine Datei für den Copy Shop, allerdings drucke ich Shirt-Schnitte, insofern die Anzahl der A4 Blätter noch recht überschaubar ist, gern zuhause aus. Deshalb hat es mich schon geärgert, dass man die beiden Versionen (Kleid & Shirt) nicht getrennt ausdrucken kann. So sind es 50 Blätter! Als Shirt ist Amber auch nicht asymmetrisch, weshalb ein halbseitiger Abdruck gereicht hätte; man schneidet ohnehin meist im Stoffbruch zu. – Was für eine Papier- und Zeitverschwendung! DIY ist also nicht zwangsläufig nachhaltig.
Angegeben ist für Amber ein Stoffverbrauch von 150 cm bei einer Breite von 140 cm. Für ein kurzärmeliges Shirt? Der hohe Stoffverbrauch erklärt sich dadurch, dass Hals- und Armausschnitt mit Schrägband versäubert werden. Allerdings wird bei Strickstoffen Schrägband nicht um 45 Grad versetzt zum Fadenlauf zugeschnitten, da das Material ohnehin dehnbar ist, womit sich der Stoffverbrauch auf etwa die Hälfe (75 cm bei Gr. 36) reduziert. Das macht schon einen Unterschied, finde ich.
Bei Paris beträgt die Nahtzugabe 1 cm. Ich erwähne das deshalb, weil ich es in der Anleitung (zumindest bei Makerist) nicht gefunden habe. Ansonsten fällt mein Urteil über die Anleitung nicht so vernichtend aus wie das von Anke, auch wenn ich die Wahl eines dunklen Stoffes für die Bebilderung ebenfalls alles andere als glücklich finde.
Was gefällt, was nicht? Nochmals nähen? Weiterempfehlen?
Vor dem Hintergrund, dass Indie-Schnitte v. a. wegen ihrer gut aufbereiteten Anleitungen gekauft werden; den Nähkurs gibt es quasi zum Schnitt dazu; wird bei Amber Potential verschenkt. Lange dachte ich, dass man Schnittchen vergleichsweise selten auf Blogs sieht, weil es die knappen Anleitungen Anfängern schwer machen. Eure Kommentare zu einem älteren Beitrag legen nahe, dass das Label nicht so den Geschmack der deutschsprachigen Nähcommunity zu treffen scheint. Ich persönlich mag das Design von Schnittchen wegen seines sperrigen Wiedererkennungswertes – gerade in einer Indie Pattern Szene, die für mich immer unüberschaubarer wird; gefühlt gibt es immer mehr Labels, die ähnliche Schnitte auf den Markt bringen. Es wird sicherlich in meinem Kleiderschrank Amber Nr. 2, vielleicht sogar eine Nr. 3 geben. Wenn man das PDF kauft, sollte man den Schnitt aber auf jeden Fall plotten lassen.
Auch von Paris wird es eine weitere Version für den Herbst geben, ein entsprechender Wollstoff liegt schon bereit. Mich würde interessieren, ob jemand das Buch Hosen nähen von Euch kennt, vielleicht sogar mal etwas daraus genäht hat?
Fröbelina
Das Gefühl dass die Indie Pattern Szene immer unüberschaubare wird habe ich auch. Bei Schnittchen und mir ist es auch so, dass der Stil für mich nicht so richtig passt. Zumindest der auf den Produktfotos, ich habe schon einige Klamotten an Bloggern gesehen, die mir dann sehr gut gefallen. Dein Shirt zum Beispiel! Obwohl ich das in oversized, was es ja geworden wäre hättest du dich an die Größen gehalten bestimmt nicht so hübsch gefunden hätte.
Interessant fand ich auch deine Ausführungen zu der Hose, die wirklich sehr gut an dir sitzt 🙂
Liebe Grüße
Katharina
Manuela
Dank Dir Katharina für Deinen netten Kommentar.
Liebe Grüße, Manuela
Susanne
Merci für deine ausführliche Schnittbesprechung; das finde ich äußerst hilfreich, wenn man sich für einen Schnitt interessiert.
Ich habe letztes Jahr zum ersten Mal einen Schnittchen-Schnitt ausprobiert und für die Tochter den Coatigan Sylvia genäht und war und bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Damals gab es die Schnitte noch wahlweise als Papierschnitt, was ich bevorzuge; leider ist das geändert worden.
Hose und Shirt sehen klasse an dir aus.
LG von Susanne
Manuela
Gern geschehen.
Oh, das ist mir bisher gar nicht aufgefallen, dass es die Papierschnitte nicht mehr gibt …
Herzlichen Dank & Liebe Grüße
Manuela
Ina
Ich bin ja dem Paperbag-Style gegenüber sehr skeptisch, weil er Stoff an Stellen anhäuft, wo ich ihn eher nicht gebrauchen kann (mal vorsichtig ausgedrückt). Aber diese von Dir vorgestellte Hose hat eine tolle Passform und steht Dir ausgezeichnet. Ich kann mir die gut auch als normale lange Hose vorstellen. Danke für die ausführliche Schnittbesprechung, auch wenn ich mich nur selten in der Indie-Pattern-Szene bewege. Hin und wieder spricht mich nämlich doch was an, zum Beispiel bei den französischen Labels. Liebe Grüße von Ina
Manuela
Ja, Deine Skepsis kann ich nachvollziehen. Paperbags tragen gehörig auf. Hier ist es für mich noch in einem akzeptablen Rahmen, weil es eher eine Bundfaltenhose ist … Normale Länge für die Wollversion macht absolut Sinn.
Vielen, lieben Dank & herzliche Grüße, Manuela
Sabine v PeterSilie&Co
Kannte ich gar nicht das Label Schnittchen, aber ich nähe ohnehin kaum nach Indie Patterns. Aber auch jetzt beim schnellen durchschauen spricht mich jetzt kein Schnitt. Die Präsentation ist sehr kühl und distanziert und die Linienführung erinnert mich an das was so an Modeschulen entworfen wird und am Ende niemand trägt, weils mehr Experimentell ist als für die Strasse.
Aber ich stelle mir es nicht so leicht vor Schnitte zu entwickeln die einerseits aus der Masse herrausragen, trotzdem viele Ansprechen und auch stehen sollte und auch nicht total abgefahren sind. Es gibt einfach zu viele Schnitte. Und irgendwann ist man mit allen Schnittvarianten durch.
Lg Sabine
Manuela
Danke für Deinen nachdenklich stimmenden Beitrag.
Das sehe ich genauso, bei den Entwürfen von Modeschulen wie auch bei Laufstegmode geht es um alles andere als Tragbarkeit, vereinfacht gesprochen, handelt es sich um Statements zu Themen der Zeit. Das war auch in der Vergangenheit so, denke ich. Wenn z. B. Dior in der von Knappheit geprägten Nachkriegszeit 30m Stoff für ein Abendkleid verbrauchte, konnten das sicherlich die wenigstens Frauen tragen, es erzählt eher von ihren Träumen in Zeiten der Entbehrung … Für die “durchschnittliche” Frau heruntergebrochen wurden solche Sehnsüchte eher von Leuten wie A. Burda …
Beim Lesen Deines Kommentars habe ich mich gefragt, ob es nicht nur “einfach zu viele Schnitte” gibt, sondern ich inzwischen einfach auch (zu) viele habe. Damit sich der Kauf lohnt, müssen sich neue Schnitte von den angesammelten unterscheiden, was natürlich zunehmend schwerer wird … Irgendetwas ändert sich gerade in Bezug auf mein liebstes Hobby, ohne dass ich es benennen kann …
Nochmals herzlichen Dank & LG Manuela
Barbara
Liebe Manuela, die Hose ist toll und steht Dir sehr gut. Das Buch übers Hosen nähen kannte ich bisher nicht, interessiert mich aber auch sehr, da ich auch gerne Hosen nähe. Muß ich mir dringend mal anschauen!
Das Shirt sieht an Dir sehr gut aus, aber ich glaube, daß ist einfach Deine Interpretation und ein schöner Stoff, der gefällt. Von Schnittchen habe ich bisher nichts genäht und werde es sicher auch weiterhin nicht tun. Natürlich kann man einen Schnitt sowohl für dehnbare als auch Webstoffe nehmen, aber von einer Indie-Designerin erwarte ich dann doch entsprechende Erläuterungen, was Größenwahl, Stoffverbrauch und Kantenversäuberung angeht.
Und sicher ist der Markt an Schnittmustern übersättigt, umso wichtiger finde ich die Qualität der Schnitte, gerade auf dem Indie-Markt.
LG Barbara
Manuela
Danke für Dein Kompliment! Das freut mich zu hören.
Ja, würde mich interessieren, was Du von dem Buch hälst. Ich konnte mich ja nicht zum Kauf durchringen … habe aber in der Vergangenheit auch die Erfahrung gemacht, wenn ich den Schnitt dann an einer Bloggerin sehe, meine Meinung ändere …
Herzliche Grüße, Manuela
Naehkatze Carola
Ich habe schon einige Schnittchen-Schnitte genäht, weil mir das Design gut gefällt. Allerdings fand ich es ebenfalls merkwürdig, dass bei den Schnitten häufig keine Stoffempfehlung dabeistand und so die Erfolgsquote in etwa bei 60:40 stand. Jene Schnitte, die zu einem guten Ergebnis führten, sind richtig klasse, aber die anderen echt für die Tonne :-(. Schade eigentlich! Dein Shirt mit der Hose gefällt mir richtig gut. LG Carola
Manuela
Mmh, ich müsste mal nachzählen, so genau kann ich das nicht benennen, aber ich habe bei Schnittchen auch schon für die Tonne genäht, Nani z.B…
Herzlichen Dank & liebe Grüße
Manuela
ilka
das ensemble sieht richtig schick an dir aus.
das buch habe ich mir gekauft, nachdem ich einen makerist kurs von vivien altmann gesehen habe. auch ich mag sehr gerne hosen nähen und spreche daher eine absolute kaufempfehlung für das buch aus. frau altmann beschreibt prima, wo änderungen an schnitten vorgenommen werden können, was ich sehr lehrreich finde. und die verschiedenen modelle sind gut zu bewältigen. lieben gruß ilka
Manuela
Dankeschön.
Das klingt so, als sollte ich nochmals reinschauen …
Liebe Grüße, Manuela
Rothedinge
Shirt und Hose gefallen mir sehr gut an Dir! Ich finde, dass die Hose einen besonders guten Sitz hat. Ich glaube, das Buch auch schon mal in der Hand gehabt zu haben… da muss ich vielleicht doch noch mal schauen gehen.. mir gefällt der Naht-Reißverschluss hinten. Das spart zum einen den aufwändigen verdeckten Rv (ich kann mir einfach nie merken, wie er gemacht wird…) und es ist defakto weniger Stoff vorn. Das finde ich an meinen coulottes manchmal nicht so schön.
Liebe Grüße Heike
Manuela
Herzlichen Dank Heike.
Am Anfang fand ich es etwas gewöhnungsbedürftig, dass der RV bei einer Hose hinten ist, inzwischen mag es ganz gern.
Übrigens finde ich Dein senfgelbes Raven vom letzten MMM total chic! Diese Woche dürfte sich ja der Traum vom sonnenbeschienenen Kleid inmitten von buntem Herbstlaub erfüllen …
Liebe Grüße, Manuela
Miriam
Liebe Manuela,
gesucht und gefunden, deinen Beitrag zur Hose, die ich nun auch genäht habe.
Das Buch macht auf mich eigentlich einen sehr guten Eindruck. Es eure viel auf Passform, Proportionen etc eingegangen, damit Frau das richtige Modell wählt. Die Anleitung war dann eben leider nicht so optimal, aber ich konnte mich durchwursteln.
Jetzt muss ich mal bei Anke nach ihrer Erfahrung schauen.
Lieben Dank dir nochmal und immer wieder inspirierend dein Blog (hab gerade einige ältere Beiträge gelesen), Miriam
Manuela
Was für eine schönes Kompliment! Lieben Dank dafür.
Zu dieser Zeit habe ich noch richtig viel gebloggt…
Herzliche Grüße Manuela