12 von 12 – März 2024

Am Dienstag war der 12. Tag des Monats, an dem Caro (Draußen nur Kännchen!) unsere Bilder sammelt. Da ich seit dem Wochenende erst wieder Zugang zum Internet habe, kommen meine Fotos erst heute.

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Kurz nach Sieben. Es schneit. Wie angekündigt.

Endlich!

Es mag zwar nicht so aussehen, aber die Einheimischen beklagen den trockenen Winter, es sei auch in diesem Jahr zu wenig Schnee gefallen. Beim Blick aus dem Fenster für mich unvorstellbar, dass bis zum Ende des Jahrhunderts die Gletscher in den Ostalpen verschwunden sein werden. Wieder einmal denke ich: Exponentielles Wachstum und verzögerte Prozesse sprengen das menschliche Vorstellungsvermögen, weshalb wir uns nicht entsprechend verhalten…

Für uns bedeutet das: Es wird ein ruhiger Tag. Weiter aufzusteigen macht bei diesem Wetter wenig Sinn. Also ziehe ich mich nach dem Frühstück wieder in meinen Schlafsack zurück und lese meinen Roman Nur zwei alte Männer des österreichischen Schriftstellers Thomas Sautner weiter. Es ist eine etwas skurril anmutende Geschichte über Freundschaft und das Älterwerden, warmherzig erzählt, mitunter schreiend komisch. Klare Leseempfehlung!

Irgendwann bekomme ich den Hüttenkoller. Schnee-/Sturm hin oder her. Es zieht uns raus. Wir beschließen, zur nächsten Schutzhütte zu laufen. Am Ende des Tages werden wir beinahe sechs Stunden unterwegs gewesen sein. Der Schneefall erschwert das Fortkommen und die Orientierung im Gelände.

Es setzt Whiteout ein. Eine nicht zu unterschätzende Gefahr im Hochgebirge! Dennoch liebe ich es, wenn Himmel und Erde ineinander übergehen und sich der Raum unendlich vor einem auszudehnen scheint. Die Landschaft schrumpft zur s/w-Graphik, dann zur Kalligraphie, bevor Leere alles verschluckt; – und man nurmehr den eigenen Atem und das Stapfen der Schuhe im Schnee hört. Abseits der Pisten, in unbefestigtem, unberührtem Gelände kann man eine Spur in die Landschaft zeichnen, die nach kurzer Zeit wieder verschwindet…

Wir erreichen die Hütte. Trotz Pächterwechsel ist in der Küche seit letztem Mal alles gleichgeblieben. Nepalesinnen und Nepalesen auf österreichischen Berghütten sind keine Seltenheit. Wir trinken einen Tee und essen eine Suppe. Aufgewärmt machen wir uns auf den Heimweg.

Plötzlich reißt der Himmel auf, der Wind zieht die Wolken mit sich fort und wir bekommen ein spektakuläres Schauspiel geboten, bevor die Sonne langsam untergeht. Mit den letzten Strahlen erreichen wir unser Basislager.

Reinhold Messner ist ja für kontroverse Beiträge bekannt; einer davon ist, dass der Tourismus in den Alpen kein generelles Problem darstelle (ist er doch nicht unwesentlich die Lebensgrundlage der Bevölkerung dort 😉); problematisch sei eher, dass alle dieselben Orte aufsuchen. Darüber, ob Naturschutz und Tourismus sich ausschließen oder irgendwie vereinbaren lassen, kann man sicherlich diskutieren. Mir hat Messners These in den letzten Jahren bei der Tourenplanung geholfen, nicht zuletzt weil ihr die Idee Hoffnung zugrunde liegt, dass ich, wozu ich einen persönlichen Bezug habe, eher bereit bin zu schützen: Also in die Berge statt auf die Berge gehen; in der Woche statt am Wochenende, außerhalb der Ferien; kein “Kaiserwetter” (obwohl das ambivalent ist, insofern Wetter im Gebirge schnell existenziell werden kann); technische und/oder konditionelle Anforderungen steigern und den genauen Aufenthaltsort nicht in den sozialen Medien teilen.

Wir sind an diesem Tag nur einem Mann mit belgischem Schäferhund begegnet – H. mit Zorro.

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Für die Tour habe ich mir eine Hose genäht, vielleicht zeige ich sie demnächst…

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4 Kommentare

  1. Was für ein toller Tag, mutig bei dem frischen Schnee im Gelände herum zu gehen, in so einer Situation haben wir einmal, allerdings in den vor Mobiltelefonzeiten und Ortungsmöglichkeiten, mal die Orientierung verloren und sind mit Kompass bei eintretender Dunkelheit (Anfang Januar) zum Glück auf einen Waldweg zurück gekommen und konnten dann wieder auf der Wanderkarte nachvollziehen, wo wir hin müssen. Das muss ein schöner Urlaub insgesamt gewesen sein, die Hose möchte ich gerne sehen, lg Anja

    • Manuela

      Das war er wirklich.
      Wald und Dunkelheit bei Kälte stelle ich mir nicht angenehm vor. Mit Kompass und Messblatt ganz traditionell gemeistert. Chapeau! Ohne GPS und LVS-Ausrüstung hätte ich das hier nicht gemacht und würde auch davon abraten, selbst wenn keine akute Lawinengefahr besteht. Abgesehen von der erschwerten Orientierung, sind die “Wege” durch Schneeverwehungen nicht unbedingt passierbar, bei Neigungen über 30 Grad kann immer etwas abgehen oder die Schneedecke bricht über einer Latsche ein…
      Das mit der Hose mache ich, Anja.
      Dank Dir & herzliche Grüße, Manuela

  2. Sieht wild aus.
    Die Berge kenne ich nur in der Sommervariante. Meine Eltern haben mit uns Geschwistern als Kinder gerne Wanderurlaube gemacht; Dann waren die Kinder abends schön müde und wenn es zu heiß zum Laufen war, gab es auch mal einen Badetag am Bergsee.
    LG von Susanne

    • Manuela

      Mir sind die Berge auch eher aus dem Sommer vertraut. Das Schneeschuh-Wandern haben wir erst kürzlich für uns entdeckt. „Abends schön müde“ funktioniert bei mir heute noch, dort oben kann ich schlafen wie ein Stein.
      Danke & viele, liebe Grüße Manuela

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