Tablettasche 8Nachdem ich unser Bett und Sofa mit Kissen bestückt hatte, meinte mein Freund, es wäre vielleicht Zeit, sich mal an etwas Neues zu wagen. So kamen die Taschen. Nicht, dass ich wie manche Frauen ein besonderes Verhältnis zu meiner Handtasche habe. Ich brauche weder für jeden Anlass eine eigene Tasche noch jede Saison eine neue, lange Zeit befand sich nur eine in meinem Besitz. Handtaschen sind für mich weder eine Art Notfallpaket, um auf Alles vorbereitet zu sein, noch eine besondere Intimzone, in die niemand einen Blick werfen darf, sondern einfach (na, ja – zumindest in erster Linie) ein Transportmittel.

Ich kam zu den Taschen, weil sie als anfängertauglich gelten. Mein erster Nähkurs hatte sich als Taschenkurs entpuppt, und in dem Buch Mein großes Nähmaschinen-Atelier: Schritt für Schritt zum Meisterwerk war das vierte Projekt ebenfalls eine Tasche. Ich hatte mir dieses Buch von Jane Bolsover zugelegt, weil der Titel irgendwie nach Kunst klang.
Das Buch ist sowohl Nachschlagewerk als auch Nähkurs, wobei der Schwierigkeitsgrad von Kapitel zu Kapitel zunimmt. Diese Idee gefällt mir nach wie vor, ebenso finde ich die Anleitungen zu Stoffauswahl, Vorbereitung des Zuschnittes usw. hilfreich. Enttäuscht bin ich von den Nähprojekten: Bis auf das erste Projekt, eingangs erwähnte Kissen mit Hotelverschluss habe ich keines realisiert. Mit Filzschal, Schürze und Kinderkleid kann ich nicht viel anfangen, finde die Auswahl fast schon ärgerlich aus feministischer Sicht.

TestAuf der Suche nach der geeigneten Tasche bin ich auf das Buch der japanischen Textildesignerin Akiyo Kajiwara gestoßen: Simple Bags. Japanese Style. Twenty Designs To Sew. Das Buch enthält 24 Anleitungen für traditionell japanische bzw. japanisch inspirierte Taschen zum selber Nähen. Schnittmuster gibt es nicht, dafür bemaßte Zeichnungen, was aber kein Problem darstellt, denn die meisten Modelle setzen sich aus Rechtecken zusammen. Akiyo Kajiwaras Entwürfe gefallen mir wegen ihrer Einfachheit, ohne dabei einfallslos zu wirken. Fotografiert auf Hockern und Stühlen vor Türen und Wänden, die ihre beste Zeit schon hinter sich haben, erinnern sie mich an Wabi-Sabi – jenes japanische Schönheitsideal, das dem Unfertigen, Unzulänglichen und Unbeständigen einen besonderen Wert beimisst.

An Wabi-Sabi (im Unperfekten nicht den Mangel, sondern das Schöne zu entdecken), versuchte ich auch zu denken, als ich verständnislos auf Zeichnung und Anleitung blickte. Ich hatte mir das Modell “Sukiya-bukura” ausgesucht. Die Zeichnung zeigte ein Quadrat, dass laut Anleitung die Maße 4 ¾ x 12 Zoll bzw. 12 x 30 cm haben sollte. HEH? Letztlich habe ich mich an der Zeichnung orientiert. Denn Herauskommen sollte eine Tasche in Form eines Briefumschlages, der aus einem Quadrat gefaltet ist. Sukiya-bukura ist der Name für eine Unterarmtasche (clutch bag), in die sich alles Faltbare wie Taschentücher, Fächer etc. stecken lässt – traditionell wird sie während der japanischen Teezeremonie getragen.

Simple Bags Matroschka Tasche 1Simple Bags Notebooktasche 1

 

 

 

 

Simple Bags Sukiya-bukura 1

 

 

 

 

 

 

Ich habe es mit Tradition nicht so genau genommen und die Maße angepasst, denn mir soll die Sukiya-bukura als Schutzhülle für meinen Tablet-PC dienen. Auch habe ich kein beidseitiges Gewebe verwendet, sondern zwei Stoffe, die ich mit Bügelvlies verstärkt habe: einen violett-braunen Rest, der aus meiner Kissen-Phase stammt und zufällig japanischen Ursprungs ist (gekauft bei Kiseki); gefüttert habe ich Tasche mit Altrosa-Baumwolle, die ich bei Hüco erstanden habe, ebenso das Zickzackband.

Im Unterschied zu manch’ anderem meiner Nähprojekte bin ich mit dem Ergebnis mehr als zufrieden, und das sowohl in praktischer als auch ästhetischer Hinsicht: Die Sukiya-bukura schützt das Tablet, es bleibt griffbereit, zugleich verschwindet es diskret darin.

Tablettasche 12