Vielleicht erinnert sich die Eine oder der Andere an den Vorwurf der „kulturellen Aneignung“, der Papercut Patterns 2019 traf, und zwar so hart, dass das Indie-Label zeitweise die Kommentarfunktion seines Instagram-Accounts schloss, es folgte eine öffentliche Entschuldigung und die Umbenennung eines Schnittmusters bzw. einer ganzen Kollektion.* Daran musste ich wieder denken, als ich letztens in der Ausstellung CULTURAL AFFAIRS. Kunst ohne Grenzen stand, die noch bis zum 3. Oktober 2021 im Grassimuseum in Leipzig zu sehen ist.
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Die Ausstellung widmet sich dem Transfer von Ideen, Bräuchen und Techniken von einem Kulturkreis zum anderen. Gezeigt werden „reisende Objekte“ aus den Bereichen Mode und Textil, Schmuck, Keramik und Möbeldesign, die dabei ihre Form und Bedeutung verändern. Obwohl es kulturellen Austausch immer schon gegeben hat, kommt ihm heutzutage, in einer globalisierten Welt nochmals mehr Bedeutung zu. Die Ausstellung gliedert sich in drei Bereiche: In den ersten beiden Sektionen „Globale Verflechtungen“ und „Transkulturelle Begegnungen“geht es um die Vermischung kultureller Identitäten, die zusammen etwas Neues bilden. Die finale Sektion befasst sich mit der„Welt in Bewegung“: Mobilität ist demnach kein Randphänomen mehr, sondern prägt unsere Gesellschaft nachhaltig; so sind viele der ausgestellten zeitgenössischen Designer*innen auch in mehreren Kulturen zuhause.
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Die Empörung gegen Papercut Patterns entzündete sich am Luna Jacket (vormals Kochi), eine kurze, kastige Jacke mit überschnittenen Schultern und Bindeband, die als Kimono-Schnitt beworben wurde. Die Kritikerinnen störten sich daran, dass der Bezug auf den Kimono lediglich eine Marketingstrategie sei und das in Neuseeland ansässige Label keine erkennbare Beziehung zu Japan hätte: So würde ein zeremonielles Gewand zum Modetrend degradiert und Profit aus einem kulturellen Gut geschlagen; zudem handele sich bei der Jacke nicht mal um einen Kimono. In der englischsprachigen Nähcommunity zog dieser digitale Wutausbruch diese Debatte derart Kreise, dass auch Helen’s Closet und By Hand London in der Folge einige ihrer Schnitte umbenannten, bei denen sie sich auf Japan bezogen hatten.
Ehrlich gesagt, ich habe die Empörungswelle im ersten Moment nicht verstanden, nicht nur weil es „lediglich“ um Schnittmuster ging, sondern meiner Meinung nach Kultur, bzw. kulturelle Entwicklung ohne Aneignung nicht zu haben ist. Doch ist Aneignung nicht gleich Aneignung.
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Ein paar Beispiele aus der Leipziger Ausstellung dafür:
Die UNESCO hat die Webtechnik der persischen Kaschan-Teppiche – für viele der Inbegriff des „Orientteppich“ inzwischen auf die Liste des immateriellen Kulturerbes gesetzt. Was nicht geschützt ist, sind die Muster, die im Iran von einer Generation zur nächsten weitergegeben wurden. Bereits im 19. Jahrhundert verwerteten europäische Webereien sie kommerziell, heute bietet IKEA die Reproduktion eines Kaschan-Teppichs aus Polypropylen an.
Lange waren die Herkunft und kulturelle Aneignung von Mustern kein Thema im Textildesign. In der Ausstellung gibt es mehrere Designer*innen, die den Umgang mit Mustern aus anderen Kulturkreisen thematisieren. So ist im selben Raum der Red Samakaka Yukata der südafrikanischen in London lebenden Designerin Tia Oguri zu sehen. Samakaka ist ein traditionelles Waxprint-Muster aus Angola. Für ihre Kollektion Über Dandy Kimono entwarf Oguri eine Reihe von Yukata (die Alltagsversion eines Kimonos aus Baumwolle) in Waxprints mit Samakaka-Muster.
Leyla Piedayesch, die in Teheran geborene Gründerin des Labels lala Berlin, lässt sich wiederum für ihre Triangles, Stricktücher aus Kaschmir, von den Kufiya-Mustern inspirieren. Kufiyas werden zwar in vielen arabischen Ländern getragen, durch den Nahostkonflikt sind sie als „Palästinensertuch“ bekannt geworden, v. a. wenn das Muster schwarz-weiß ist. Die Tücher waren ursprünglich aus Baumwolle; heute werden die meisten nicht in der arabischen Welt, sondern in China produziert.
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Problematisch scheint mir weniger die Aneignung als solche – zum Problem wird sie erst, wenn sie mit einem Machtgefälle einhergeht. Gewöhnlich wird kulturelle Aneignung auch nur dann kritisiert, wenn sich eine Mehrheit etwas von einer Minderheit aneignet, die in irgendeiner Form benachteiligt ist. Natürlich finde ich es auch nicht richtig, wenn traditionelle Muster, um bei diesem Beispiel zu bleiben, derart kommerzialisiert werden, dass im schlimmsten Fall, das heimische Kunsthandwerk durch die fremde Billigversion verdrängt wird. Dennoch kann ich mit der Kritik an der kulturellen Aneignung, wie sie im Rahmen der Critical-Whiteness-Bewegung vorgebracht wird, wenig anfangen. Denn ihr liegt mehr oder weniger ausgesprochen ein Kulturbegriff zugrunde, der Kultur als ursprüngliches und reines Gebilde versteht, das zeitlos ist und zu dem man ethnisch gehört oder eben nicht. Mit diesem Verständnis von Kultur nähert sich die Critical-Whiteness-Bewegung unfreiwillig reaktionären Bewegungen an, gegen die sich ihre Kritik richtet.
Die Wut, die in der englischsprachigen Nähcommunity Papercut Patterns wegen seiner kulturellen Referenzen traf, ist m. E. in diesem Kontext zu sehen.
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Umso mehr hat mich die Ausstellung Cultural Affairs begeistert, die Vielstimmigkeit zelebriert. Das Transkulturelle – die kulturelle Melange kommt hier ganz selbstverständlich daher, Migration (lat. das Wandern) wird, mal abgesehen davon, dass es für immer mehr Menschen eine Realität ist, mit der sie umgehen müssen, nicht in erster Linie als Bedrohung, sondern als Bereicherung von Kultur(en) verstanden. Die Pandemie ist da vermutlich nur eine Zäsur. Insofern man aktuell nicht im großen Stil reisen kann, nehmen einen die „reisenden Objekte“ in der Ausstellung auf eine faszinierende Entdeckungstour mit, die viel Stoff zum Nachdenken und für die Selbermacher*in so Einiges an Inspiration bietet.
Ups, das wäre vermutlich kulturelle Aneignung. Aber verwerflich?
* Das Ereignis hat es in den Guardian geschafft, den Artikel verlinke ich hier, da sich auf Instagram die Debatte nicht mehr nachvollziehen lässt.
Bahnwärterin
oh ja – über “kulturelle aneignung” denke ich auch viel nach – vor allem nach den diversen debatten…..
es ist tasächlich ein schmaler grat.
aber der verläuft nicht zwischen den verschiedenen kulturen – der verläuft zwischen dem menschlichen bedürfnis nach kultur und der turbokapitalistischen ausbeutung derselben.
in sachen mode: menschen haben spass am kreieren und tragen von kleidung – es ist eine kulturelle, individuelle handlung.
und auf der anderen seite verdienen anonyme grosskonzerne an der produktion von & dem handel mit kleidung. und dabei ist es denen eigentlich egal, wie die kleidung aussieht. es muss eigentlich nichtmal kleidung sein – wenn sich schrauben gewinnbringender verkaufen – machen die in schrauben statt in polyester-dirndln. oder was auch immer. und die konsumenten, die nur kaufen, weil sie sonst keine hobbys haben und wahl- und stillos alles tragen, was die industrie ihnen vorwirft, sind ganz klar ein nicht geringer teil des problems.
will sagen – bedeutung ist das zauberwort.
das warum. will ich einfach kohle machen mit röcken, kleidern und jacken – will ich zeigen, dass ich es mir “leisten” kann dieses oder jenes zu tragen – oder ist es eine verneigung – oder gar ein akt der solidarität – dass ich einen bestimmten schnitt, ein bestimmtes muster, das nicht zu meinem kulturkreis* gehört, designe oder trage…..
*was ist “mein” kulturkreis? wäre ja die nächste frage.
das würde hier jetzt aber zu weit führen.
die ausstellung sieht spannend aus, wenn der BW mal wieder in L zu tun hat, muss ich wohl mal mit 😀
danke!
Manuela
Auch wenn mir selbst die Posts über Ausstellungen, Filme und Bücher besonders am Herzen liegen, ist mir schon länger klar, dass dieses Interesse hier nicht von vielen geteilt wird. Diese Posts finden eher eine KLEINE und feine Leserschaft; das ist in Ordnung für mich. Umso mehr freue ich mich dann über jeden Kommentar. Also vielen, lieben Dank für die Blumen!
Ja, es geht weniger um die Frage, ob kulturelle Aneignung passiert (tut sie ohnehin), sondern wann sie legitim ist und wann nicht. Und der Grat ist wirklich schmal. Das sehe ich genauso. Erschwerend kommt für mich hinzu, dass nicht immer erkennbar ist, wo genau er verläuft: Multinationaler, anonymer Großkonzern vs. Minderheit, mit der ich im besten Fall eine Geschichte verbinde. Sonnenklar, wo meine Sympathien liegen. Ich würde bei H&M niemals einen Kimono kaufen (okay, außer Comme de Garçon / Rei Kawakubo hätte ihn entworfen; da geht’s schon los). Anderes Beispiel: Alexander McQueen, Winterkollektion “Scanners” 2003/04, die die Geschichte von Auswanderern auf dem Weg von Sibirien über Tibet nach Japan erzählt; haufenweise Referenzen auf Samurais, Kimonos und Kabuki. Zu diesem Zeitpunkt gehörte McQueen bereits zur Gucci-Group – ein milliardenschwerer Großkonzern. Ähm, ja … vielleicht weil ich die Arbeiten von McQueen klasse finde, bin ich nicht ganz objektiv und gerate hier auch mit der kapitalismuskritischen Brille ins Schlingern… Du siehst, ich habe das für mich noch nicht zu Ende gedacht.
Auf jeden Fall spannendes Thema und eine interessante Ausstellung. Und wenn ich Dich so begeistern konnte, dass Du überlegst hinzufahren, ist das wohl das schönste Kompliment, was man für eine Besprechung bekommen kann.
Liebe Grüße Manuela
ANJA
Oh, wie interessant, danke für den tollen spannenden Bericht, ich ergänze gleich meine Ausflugsagenda, lg Anja
Manuela
Gern geschehen.
Bin gespannt, was Du so entdeckt hast.
LG Manuela
Susanne
Sehr interessant deine Ausführungen zur Ausstellung und in der Tat ein sensibles Thema….
Herzliche Grüße von Susanne
Manuela
Herzlichen Dank Susanne.
Da soll noch einer sagen, dass Mode belanglos und harmlos ist…
Liebe Grüße Manuela
Bahnwärterin
mode harmlos?
😀
empfehle allen, die das denken, blick in die modegeschichte – erst neuerdings ist es anscheinend (!) wurscht was man trägt……. aber auch heute steckt immernoch sprengstoff in den klamotten…..
xxx
Kathrin
Danke dir für die ausführliche Besprechung der Ausstellung. Ähnlich kann man ja auch über die jüngere Musikgeschichte diskutieren: die Ursprünge des Rock’n’Roll z. B. liegen ja im Schwarzen Blues und R’n’B, die ersten, die damit richtig viel Geld verdienten waren aber Elvis, die Rolling Stones etc. Also wie du schon sagtest, die Verschmelzung von Kulturen und Kulturtechniken gab’s schon immer, problematischer wird’s erst, wenn ums Geldverdienen und um Machtverhältnisse geht.
Viele Grüße, Kathrin
Manuela
Gern. Ich freu mich über Interesse.
Ohne es wirklich verfolgt zu haben, dachte ich, dass kulturelle Aneignung auch bzw. gerade innerhalb der Musik diskutiert wird. Und auch dort gibt es sie unter negativem und positivem Vorzeichen. Spontan fällt mir Beyoncé und Jay-Z’s Video “Apeshit” im Pariser Louvre ein, wo vermutlich eine Menge Geld geflossen ist, ohne dass das als problematisch wahrgenommen wird… Gerade denke ich, es läuft auf ungleiche Machtverhältnisse hinaus…
Danke & liebe Grüße, Manuela
Barbara
Es gab vor kurzem auf Instagram einen ähnlichen Shitstorm, der sich an einer Stoffbezeichnung entzündete. Eine Designerin von Albstoffen hatte sich von der japanischen Kirschblüte inspirieren lassen und die Stoffkollektion Sakura genannt- auch sie wurde des Rassismus und der kulturellen Ausbeutung beschuldigt. Ich weiß nicht genau, wie das ganze ausging, aber ich glaube, die Designerin hat das ganze ausgehalten, sich öffentlich entschuldigt und die Stoffe heißen immer noch so.
Ehrlich gesagt ist ja mein erster Gedanke bei diesen Geschichten, daß ich mich frage, ob die Menschen nicht wichtiger Themen haben sollten. Aber ich sehe ein, daß diese Meinung natürlich aus einer privilegierten Position als weiße Europäerin leicht geäußert wird, für Betroffene mag das anders aussehen und ich lerne da gerne dazu. Deshalb ist so eine Ausstellung, wie Du sie beschreibst, sicher sehr wichtig und würde eine weitere Verbreitung verdienen.
Liebe Grüße, Barbara
Manuela
Ich werde den Verdacht nicht los, dass Instagram solche Shitstorms begünstigt… was auch einer der Gründe ist, warum ich das Medium nicht sonderlich mag. Auch bei Papercut Patterns begann es auf Instagram, während man das Thema mit zeitlicher Verzögerung dann auf Blogs ernsthafter zu diskutieren versuchte… Die besagte Kollektion trug übrigens auch den Titel Sakura. Vielleicht weil ich auch eine weiße Europäerin bin, geht es mir ähnlich. Mir erschließen sich die Argumente z. T. nicht bzw. halte ich sie, wie sie z. B. in dem Post “An Open Letter to White Makers & Designers” vorgebracht werden, für höchstproblematisch; ob der Bezug auf die japanische Kultur legitim oder illegitim sei, wird darin in erster Linie an der Nationalität und Hautfarbe festgemacht. Hallo?!?
Über Dein Interesse und Deinen Kommentar habe ich mich sehr gefreut.
Herzlichen Dank & liebe Grüße Manuela
Stefanie
Liebe Manuela,
Deinen Bericht über die Ausstellung fand ich sehr spannend. Ich werde versuchen, hinzufahren, vielleicht verstehe ich dann die Sache mit der “Aneigung” besser.
Die anscheinend hochemotionale Debatte über das Papercut-Schnittmuster ist wie üblich an mir vorübergegangen, Insta gehört zu Facebook und findet daher nicht bei mir statt. Außderdem fehlt mir schlicht die Zeit, mich mit dieser Art Aufregungen im Netz zu beschäftigen.
Wenn ich im Nachhinein darüber lese, habe ich häufig den Eindruck, es geht bei solchen Debatten auch mehr darum, sich aufzuregen, als nachhaltig etwas zu ändern. Wenige Monate später interessiert oft sich kaum noch jemand für ein Thema, das mit soviel Wut diskutiert wurde. Wie Barbara sagt, denke ich mir auch oft : “Haben die denn keine echten Probleme?”
Aber ich habe mir jetzt doch den Artikel im Guardian angesehen. Ich bin wahrscheinlich naiv, aber ich habe immer gedacht, dass es zwar den japanischen zeremoniellen Kimono gibt, aber bei eben parallel auch die Bezeichnung Kimono für eine verschlusslose, gewickelte Jacke mit weiten Ärmeln und Bindegürtel. Quasi die westliche Adaption eines traditionellen Kleidungsstückes. So wie ein Wickelrock vom Sari abgeschaut ist und das Vorbild dieser schrecklichen Saroul-Hosen aus Nordafrika kommt.
Früher war so etwas Inspiration und kultureller Austausch, und heute soll das Aneignung sein? Da komme ich nicht mit. Ganz abgesehen davon, dass dieser Transfer durchaus auch in die andere Richtung stattfindet. Und da meine ich nicht nur Dirndl made in China.
Japanische Zeichentrickfilme haben phantastische Soundtracks und da hört man ganz genau die Patenschaften europäischer Komponisten der Romantik und Spätromantik, vermischt mit traditionellen japanischen Tönen. Warum ist so etwas keine Aneignung? Damit wird schließlich eine Menge Geld verdient!
Warum ist es verkehrt, einer Bekleidungslinie einen japanischen Namen zu geben, wenn man denkt, er klingt passend? Zumal die Assoziation zu “Kirschblüte” eine andere ist alt zu “Japanische Kirschblüte”. Aber englische oder französische oder spanische Namen sind OK außerhalb von England, Frankreich oder Spanien?
Wenn ein deutscher Designer seine Kollektion Edelweiß oder Nibelung nennen würde, würde er vermutlich gleich als Nazi eingestuft werden. In der Regel von Leuten, die glauben man könne Sinn “machen” und “optimal” steigern.
Ich merke , ich fange an mich aufzuregen und polemisch zu werden, also höre ich jetzt auf.
Viele liebe Grüße, Deine Stefanie
Manuela
Da habt Ihr beiden, Barbara und Du natürlich Recht. Es wirkt z. T. schon so, als ob es eher darum ginge, sich mal Luft zu machen, als eine Debatte zu führen…
Mich hat das Thema aus zwei Gründen interessiert:
1) Bezogen auf die Community, in der wir uns bewegen: Warum treffen solche Vorwürfe eher Indie-Labels als die Big Four? Erste bemühen sich doch im Vergleich stärker um Inklusion. Werden sie einfach an ihren Ansprüchen gemessen, weil sie mit Inklusion ihre Produkte bewerben? Mal abgesehen davon, dass die meisten Indie-Labels One-Woman-Shows sind und keine Rechtsabteilung haben.
2) Auch wenn ich mich mit dem Begriff der kulturellen Aneignung schwer tue, finde ich es das Anliegen dahinter, dafür zu sensibilisieren, dass es in vielen Fällen eben kein Austausch auf Augenhöhe zwischen Europa und anderen Kulturen gewesen ist, schon berechtigt! Japan öffnete sich bspw. im 19. Jahrhundert der Welt auf der Druck der Kolonialmächte hin… Das sollte man auch meiner Meinung nach im Kopf behalten beim Blick auf den Kimono. Empfehlen kann ich Dir dazu wärmstens die V&A-Ausstellung “Kimono. Kyoto to Catwalk”; sie räumt anderseits mit dem Klischee auf, dass ein Kimono so ein statisches Ding ist, dass sich über Jahrhunderte nicht verändert hat… Ich verlink Dir mal die Kuratorenführung:
https://www.youtube.com/watch?v=oEf0iFNTVGw
Die Leipziger Ausstellung wiederum ist großartig, weil sie anschaulich macht, dass dieses Mein-Dein-Denken im Bezug auf kulturelle Erzeugisse in einer global vernetzen Welt weniger Sinn macht denn je; mal abgesehen, dass es viele junge Designer*innen zu entdecken gibt.
Vielen, lieben Dank, dass Du Dir die Zeit für eine so intensive Auseinandersetzung genommen hast.
Herzliche Grüße Manuela
Stefanie
Mit der Augenhöhe hast Du total recht, und beim Nachdenken darüber glaube ich, dass diese häufige nord-westliche Überlegenheit, mit der andere Kulturen betrachtet und abgeurteilt wurden und immer noch von manchen Menschen werden, das eigentliche Problem ist. So eine “das kann man ja mal mitnehmen, das ist eh das einzige, was die können” Einstellung und das geht natürlich grundsätzlich gar nicht.
Was dann auch gleich zu Deinem Punkt zwei leitet: Ich vermute, dass die Leute, die bei diesem Problem eher sensibilisiert und vielleicht auch ein bisschen übersensibilisiert sind, tendentiell eher nicht die Big Four nähen. Die stehen ja doch eher im Ruf, angepasst, spießig und Mainstream zu sein.
Danke für den Link, ich habe mir gleich den ersten Teil angesehen, was für eine phantastische Ausstellung. Übrigens verstehe ich nach diesem ersten Teil dieses Drama um den Kimono-Schnitt noch viel weniger.
Ich freue mich schon auf die anderen vier Teile.
LG. Stefanie
Manuela
Es tut mir wirklich leid für die Kurator*innen des V&A-Museums und die japanischen Kolleg*innen, dass die Ausstellung durch die Pandemie nicht die Öffentlichkeit bekommen hat, die sie verdient hätte. Wenigstens (oder vielleicht gerade deshalb) gibt es den ausführlichen virtuellen Rundgang…
LG Manuela
Stefanie
sorry, ich meinte natürlich “Punkt eins”
Jeannine Thibaut
Ich habe diesen Post, so wie alle Kommentare, mit sehr viel Interesse gelesen. Manches habe ich sehr pertinent gefunden( Nibelung….). In anderen Teilen der Welt werden Fragmente europäischer Kultur genutzt , da sagt dann keiner was.
Ich bin weder Deutsche noch Japanerin, Deutsch ist eine Fremdsprache die ich lesen,schreiben und sprechen kann. Ist das Aneignung oder Öffnung zu einer anderen Kultur oder….?
Manuela
Das freut mich zu hören. Vielen Dank für das Interesse und Deinen Kommentar.
Ich würde nicht sagen, dass keiner etwas sagt, wenn bspw. China den Markt mit billigen Kopien venezianischer Masken überschwemmt und damit den Maskenherstellern in den Venedig die Existenzgrundlage entzieht und ein traditionelles Kunsthandwerk zerstört. Aber es stimmt schon, dies würde eher als Kommerzialisierung kritisiert werden, während der Begriff der Aneignung gewöhnlich in postkolonialen Debatten auftaucht.
Sich die Mühe zu machen, eine fremde Sprache zu lernen, zeugt meiner Meinung nach von einem tiefen Respekt für die andere Kultur. Chapeau!
LG Manuela