Im Spiegel, per Selbstauslöser oder doch den Mitbewohner in Anspruch nehmen? Handy oder Spiegelreflexkamera? Schnappschuss oder Inszenierung? Innen- oder Außenaufnahme? Minimalistisch vor hellem Hintergrund oder dramatisch in Szene gesetzt? Statisch oder in Bewegung? Von Vorne, von der Seite, von Hinten – ganz, oder doch lieber im Detail? Umso länger ich darüber nachdenke, umso mehr frage ich mich, wie ich mich mit meinen selbst genähten Outfits fotografieren (lassen) soll.
Auf der Suche nach dem eigenen Stil, d. h. für mich auch den fotografischen – dabei Alexander Libermans Satz im Kopf: „Ein Modefoto ist nicht das Foto eines Kleides – es ist das Foto einer Frau.“ – habe ich nicht nur Blogs durchforstet, sondern bei der Gelegenheit mal wieder Michelangelo Antonionis Filmklassiker – Blow up (1966) – gesehen. Die C/O Galerie in Berlin zeigte gerade eine Schau (leider nur bis zum 8. April), die sich mit Wechselwirkungen zwischen Antonionis Film und der Fotografie der 1960er Jahre beschäftigte. Film und Ausstellung kreis(t)en um das Verhältnis zwischen Fotografie und Wirklichkeit, d. h. um die Frage, ob ein Foto eher ein Abbild oder Trugbild ist.
Warum eine Filmbesprechung auf diesem Blog?
Die Popularität des Filmes seinerzeit, ein Krimi, beruhte nicht zuletzt darauf, dass er in der Modewelt spielte. Wie schon Federico Fellini mit La dolce vita (1960) hat Antonioni eine Satire auf das sinnentleerte Leben eines bestimmten Milieus drehen wollen. Doch wie sein Vorbild erlangte auch Blow up Kultstatus – gerade bei denjenigen, die der Film belächelte.
Die Story ist schnell erzählt: Thomas (gespielt von David Hemmings), Modefotograf, glaubt, nachdem er in einem Londoner Park heimlich ein Liebespaar fotografiert hat, zufällig einen Mord mit der Kamera festgehalten zu haben. Die abgelichtete Frau (Vanessa Redgrave) hat den Voyeur entdeckt und fordert die Herausgabe des Films. Später taucht sie nochmals in Thomas’ Studio auf, was dessen Interesse an den Bildern noch verstärkt. Beim Entwickeln des Films meint Thomas, einen Mann mit einer Pistole und eine Leiche im Gebüsch erkennen zu können, weshalb er die Abzüge immer weiter vergrößert (blow up). Doch die Beweise verschwinden …
Antonioni hat viel Aufwand betrieben, um der Realität eines Berufsfotografen nahe zu kommen: Professionelle, wie den Sozialreporter Don McCullin, den Modefotografen David Montgomery und den Papparazzo Tazio Secchiaroli als Berater engagiert, so stammen die titelgebenden Vergrößerungen auch von McCullin; zudem hat er Fragebögen versandt, um zu erfahren, mit welcher Kamera die Profis fotografieren und welches Auto sie fahren (was diese geantwortet haben, ließ sich den Infotafeln in der Ausstellung leider nicht entnehmen); Antonioni buchte dieselben Models und drehte an denselben Sets; er versuchte sogar den legendären Modefotografen David Bailey für die Rolle des Thomas zu gewinnen.
Nun ist die Modefotografie selbst der Mode unterworfen. In den 1960er Jahren revolutionierten Bailey u. a. das Genre, indem sie Bildstrategien der Sozialreportage auf die Modefotografie übertrugen. Sie verließen ihre Studios und gingen auf die Straße, fotografierten mit Kleinbildkameras, um dynamischere und realistischere Aufnahmen als bis dahin üblich zu machen … Im Film findet sich das in dem Shooting von Thomas mit Veruschka von Lehndorff wieder (siehe Abb.), für das Bailey Pate stand.
So viel Akrobatik wird hier nicht zu sehen sein – mir wird gerade klar: Ich tendiere zum Selbstauslöser.
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