Vor einer Weile habe ich eine Debatte im Netz verfolgt, die mich nachdenklich gestimmt hat. Wie stehe ich eigentlich zu Werbung in (Näh)Blogs? – ein Versuch (m)eine Haltung dazu zu finden.

Stein des Anstoßes war die Verlinkung von Posts, die für einen Schnitt oder Stoff warben, auf Blogger-Partys, bei denen Werbung unerwünscht ist. Doch was ist in diesem Zusammenhang Werbung? Die entsprechenden Plattformen leben schließlich von Schnittmusterbesprechungen. Wo ist hier die Grenze zwischen privater Empfehlung, Journalismus und Werbekampagne?

Sicherlich sollte man sich nicht wundern, wenn man den Wunsch des Gastgebers – bitte keine Werbung – missachtet und bei der Party rausfliegt. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus … Was mich mehr beschäftigt, ist die Tatsache, dass sich die Betreffenden keiner „Schuld“ bewusst zu sein scheinen.

So wird argumentiert, dass man in seiner Freizeit nähe und blogge – und das mit Leidenschaft. Deshalb sei es keine Werbung?! Zudem habe man keine Gegenleistung von dem Onlineshop bekommen, für dessen Produkte man wirbt. Umgekehrt wird erklärt, dass man selbstverständlich Werbung mache, aber eben nur für Dinge, von denen man ohnehin überzeugt sei – man habe sich Anbieter und Ware selbst ausgesucht, und nicht umgekehrt … Und immer wieder wird versichert: Auch wenn man für seine Empfehlung honoriert worden sei, hätte dies keinen Einfluss auf die Berichterstattung gehabt. Das Produkt sei auf jeden Fall empfehlenswert!

Nun richtete sich die Kritik, um die es mir hier geht, nicht prinzipiell gegen Werbung in Blogs, sondern gegen die Irreführung des Lesers, sprich, wenn sich Werbung als solche nicht zu erkennen gibt, und wie ein redaktioneller Beitrag (bspw. eine Rezension) aufbereitet ist. Letzten Endes geht es also um Schleichwerbung.

Die Kritiker haben hierbei das Recht auf ihrer Seite: Sie können sich sowohl auf das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (§ 4 Abs. 3 UWG) als auch das Telemediengesetz (§ 6 Abs. 1 TMG) sowie den Rundfunkstaatsvertrag (§ 58 Abs. 1 RStV) berufen, die eine Trennung zwischen redaktionellen und gewerblichen Beiträgen diktieren. Dabei ist es aus rechtlicher Sicht bisweilen unerheblich,  ob die Schleichwerbung bezahlt worden ist – geschweige, dass man sich mit dem beworbenen Produkt identifiziert. (Vgl. den Artikel Gekaufte Fans und bezahlte Blogposts von eRecht24)

Soweit die Rechtslage. Doch ist sie in der digitalen Welt noch zeitgemäß? Die Rechtsprechung gilt nun nicht gerade als Trendsetter, gewöhnlich reagiert sie auf gesellschaftliche Entwicklungen eher verhalten.

Spätestens mit dem Schlagwort „Content Commerce“ scheinen die Grenzen zwischen Journalismus und Kommerz endgültig zu verschwimmen: Onlineshops geben eigene Zeitschriften heraus (z. B. Colette Pattern mit Seamwork Magazine) oder sehen zumindest so aus – professionell gemachte Fotostrecken, Schnittmusterbesprechungen, Reisereportagen zum Stoffkauf vor Ort … alles in ökologisch und sozial korrektem Tenor … Umgekehrt bessern auch die traditionellen Verlags- und Medienhäuser ihre Einnahmen durch Verkaufsprovisionen (Affiliate Marketing) auf – und viele Blogs folgen ihnen hierin. Lese- und Shoppingvergnügen nur mehr ein Mausklick voneinander entfernt.

Sobald man am Gegenstand seiner Berichterstattung ein finanzielles Interesse hat, stellt sich unweigerlich die Frage der Glaubwürdigkeit: Ist man beim Schreiben nicht wohlgesinnter, wenn man vom Verkauf des Produktes selbst profitiert? Dieser Verdacht ist nicht neu. Auch in der analogen Welt mussten sich Redaktionen den Vorwurf gefallen lassen, Anzeigen gegen (positive) Berichterstattung zu handeln.

Bei dieser Vermischung scheint mir der unabhängige Journalismus der Verlierer zu sein. Er steht vor dem Dilemma, im Printjournalismus nicht mehr und im Onlinejournalismus noch nicht genügend Geld verdienen zu können. Für vergleichsweise billige Links gibt er seine Unabhängigkeit preis, während die Kennzeichnungspflicht für die publizistischen Erzeugnisse von Unternehmen/Händlern nicht in demselben Maße gilt. Denn der Leser könne hier aus dem Kontext schließen, dass es sich um eine Verkaufsfördernde Maßnahme, sprich Werbung handelt. Kein Wunder also, dass immer mehr Journalisten ihr Glück in den PR-Abteilungen von Unternehmen suchen.